Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 157

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Nun zu den Ursachen: Es ist auch nach der Finanz- und Wirtschaftskrise selbstver­ständlich, was die Schuldenkrise der Staaten betrifft, indirekt immer auch noch eine Verteilungsfrage und ein Verteilungsproblem, wie die Dinge entstanden sind und wie sie angegangen werden.

Es ist doch auffällig anlässlich dieser Krise: Nachdem diejenigen, die am lautesten geschrieen und einzelne Staaten sozusagen verdammt haben und diese geradezu hysterische neoliberale Ideologie: mehr Privat, weniger Staat! vehement gefordert haben, war es dann doch so, dass, wenn etwas damit schiefgegangen ist, genau diese sich bei den Staaten angestellt haben, und zwar alle. Dann aber, kaum kommt wieder ein bisschen Luft ins Schlauchboot, werden sie schon wieder übermütig und plan­schen, machen aber die anderen nass.

Da liegt eben die Umverteilungsproblematik drinnen, die darin besteht, dass dieje­nigen, die an den Staatsschuldenkrisen – wenn man diesen Begriff übernehmen will – gar nicht so wenig verdient haben, und zwar serienweise sozusagen, dann, wenn das Risiko schlagend wird, zum europäischen Steuerzahler gehen und die Hand aufhalten. Und wir spielen da mit. Das ist das Grundproblem! Das ist das, was Sie irgendwie anders klären und beantworten müssen, als Sie das bisher getan haben, denn sonst werden Sie diese Flanke offen haben.

Ich werde auf die Vorschläge, die es da braucht, noch zu sprechen kommen, jetzt aber nur stichwortartig zusammenfassen: Ohne dass in Griechenland oder auch in Portugal, aber vor allem in Griechenland, etwas gemacht wird – Strukturreformen beispielsweise, aber auch Investitionsprogramme, damit die wieder laufen können –, werden diese Länder niemanden einholen und die Zinsen bedienen können. Jetzt amputieren wir ihnen sozusagen gerade das zweite Bein – und dann erwarten wir, dass sie laufen sollen.

Nochmals: Notwendig sind erstens Strukturreformen, zweitens Investitionspro­gram­me – und drittens: Ja, beim „Haircut“, beim Haarschnitt wird es haarig werden. Das schaue ich mir an, wie wir da am Ende der Zeit ohne Cut herauskommen. Aber reden Sie ruhig weiter so! Tun Sie ruhig weiter so! Vielleicht ist es taktisch gescheit. Ich habe die Weisheit auch nicht mit dem Löffel gegessen und muss sagen: Ja, das ist natürlich ein schwieriges Terrain.

Jedenfalls: Die Notenbanker werden immer bis zur letzten Sekunde lügen – und in der nächsten Sekunde wird dann etwas anderes geschehen, wenn jemals etwas ge­schieht. Das ist dort nicht nur Tradition, sondern hat sozusagen sogar eine gewisse Nachvollziehbarkeit.

Irgendwann müssen wir jedenfalls einmal überlegen, wie wir das angehen, denn am Schluss muss irgendwer zahlen. Daher: Entweder die Griechen werden in die Lage versetzt, das von alleine zu bewerkstelligen – das schaue ich mir aber an in den nächsten 10, 20 oder 30 Jahren; das braucht einen glaubwürdigen Fahrplan –, oder aber das wird jemand anderer zahlen müssen. Und wer werden diese Zahler sein? Da sage ich aber schon, dass diejenigen als Erste einmal einen Beitrag leisten sollen – von ganz redet ja ohnehin kein Mensch –, die bis jetzt daran verdient haben. (Beifall bei den Grünen.)

Dass das Ganze nicht so ein dramatisches Untergangsszenario sein muss, das Sie mit Ihrem Ansatz nicht wegargumentieren können und denen noch die Tür aufmachen, das ist das Grausliche an der ganzen Sache, aber es müsste nicht so sein, wenn man sich einfach einmal ein paar Fundamentaldaten herholt.

Griechenland hat gerade einmal – das wird zunehmend weniger, und die wirkliche Tragödie setzt jetzt erst ein, auch mit den falschen Sanierungsprogrammen – 2 Pro-


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