Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 235

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es geht auch ganz klar aus den Aktenunterlagen hervor, dass es eine Berichtslinie zum Kabinett des Innenministers gibt. Das kann nur einen einzigen Zweck haben, nämlich dass der Innenminister zu jedem Zeitpunkt über die Ermittlungen im Tierschützer­prozess Bescheid weiß.

Das war aber nur ein Teil, der zweite Teil ist, dass die verdeckten Ermittlungen keinerlei verwertbare Ergebnisse hinsichtlich der Straftaten bringen. Das Gericht sagt dazu, dass nach Ansicht des Gerichts das SOKO-Team erkannt habe, dass der Einsatz der verdeckten Ermittlungen über diesen langen Zeitraum nicht gerade den Tatverdacht gestützt habe.

Der entscheidende Punkt ist, dass damit das Gericht nichts anderes sagt als: Ihr habt verdeckt ermittelt, ihr habt gewusst, es gibt keine Straftaten, ihr habt aber die verdeckte Ermittlerin und damit die Ermittlungsergebnisse, die entlastend sind, vor dem Gericht vertuscht. – Und das ist in einem Rechtsstaat schlicht ein Skandal! (Beifall bei den Grünen.)

Die Richterin hat die verdeckte Ermittlerin mehrfach gefragt, ob es Hinweise für Sachbeschädigungen, für Brandstiftungen, für andere Straftaten gibt. Das wurde mit „Nein“ beantwortet, und sie hat bestätigt, dass das auch zu jedem Zeitpunkt in den Berichten so benannt wurde.

Daher stellt sich schon die Frage: Wer hat davon gewusst? Und wer hat vor allem davon gewusst, dass diese entlastenden Ermittlungsergebnisse offensichtlich durch die Polizei in diesem Verfahren vertuscht werden sollen? Man muss sich vorstellen: Ab 1. Jänner 2008 war der Staatsanwalt formal Herr der Ermittlungen. Die Polizei hat offensichtlich völlig losgelöst von der Staatsanwaltschaft Ermittlungen geführt – die waren ja nicht genehmigt – und die Ermittlungsergebnisse vertuscht.

Da stellt sich schon auch die Frage, wie weit die Strafprozessreform, die hier in diesem Haus beschlossen wurde, in der Realität umgesetzt wird und auch hält, oder ob es da bei den Sicherheitsbehörden einen Wildwuchs gibt: Jeder macht, was er will und speist jene Ermittlungsergebnisse, die passen, ins Verfahren ein, und die, die nicht passen, werden vertuscht, meine Damen und Herren.

Das gehört untersucht, das gehört deswegen untersucht, weil das Ergebnis war, dass wir 14 Monate einen Prozess gehabt haben, wo aufgrund der vertuschten Ermitt­lungsergebnisse der Polizei die Justiz öffentlich vorgeführt und den Betroffenen ein erklecklicher Teil ihrer Lebenszeit gestohlen wurde. Das Image der Justiz ist ruiniert. Wir müssen jetzt aufarbeiten, wie es dazu kam – denn die beste Prävention ist, dass das Parlament und die Strafbehörden diesen Fall klären, damit sich die Sicher­heitsbehörden eine derartige Vorgangsweise in Zukunft nicht mehr trauen. (Beifall bei den Grünen.)

Und obwohl der Polizei zu jedem Zeitpunkt klar war, dass es keine strafbaren Vorwürfe gibt, hat man die Gangart verschärft. Dezember 2007, Jänner 2008 hat man dann erstmals den § 278a ins Spiel gebracht, weil man gewusst hat, wenn man jetzt noch etwas draufsetzt und behauptet, dann kommt man zu noch schärferen Ermitt­lungsmöglichkeiten; und wenn man noch schärfere Ermittlungsmöglichkeiten wie den Lauschangriff hat, vielleicht findet man dann doch etwas, womit man die Ermittlungen rechtfertigen kann. Nur, meine Damen und Herren, so geht es halt in einem Rechts­staat nicht! Die Polizei kann nicht machen, was sie will, sie muss sich an die Gesetze halten, die wir beschlossen haben.

Die Aufgabe – und das ist das Entscheidende, warum wir einen Untersuchungs­ausschuss brauchen, nicht, um einzelne Politikerinnen und Politiker zu jagen, wie es manchmal gerne im Zusammenhang mit Untersuchungsausschüssen behauptet wird,


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