Ende der Verhandlungen ist dabei offensichtlich nicht in Sicht, und in diesem konkreten Fall ist es möglicherweise auch gut so.
Herr Minister Hundstorfer, passen Sie kurz auf, was ich Ihnen jetzt erzählen werde! Wenn Sie heute krank werden und ein öffentliches Krankenhaus aufsuchen müssen, kann es passieren, dass Sie sich von einem Arzt behandeln lassen müssen, der übermüdet ist. Die Wahrscheinlichkeit ist relativ hoch, dass solch ein Szenario eintritt.
Ich habe hier eine E-Mail eines Kollegen aus einem öffentlichen Krankenhaus im Bereich Wien, der schreibt:
„Punkto Arbeitszeit Ärzte:
„im ... arbeiten die Ärzte immer noch über dem Limit (...), jeder wird gezwungen, sich zu Nachtdiensten zu verpflichten.
Beispiel: Wochenenddienst: 48h am Stück; hat man 2 Wochenenden hintereinander wird nur im selben Monat gerechnet, ich hatte z. B. zwei WE hintereinander (Ende Mai und Anfang Juni) und habe damit die Wochendienstzeit maximal überschritten;
Nachtdienst unter der Woche (...) kann man nach 24 h nicht heimgehen sondern hängt noch acht Stunden an.“
Weiters schreibt er:
„NÖ: In den meisten Spitälern infolge der Nachtdienste durchschnittliche Stundenzahl 70 sowie eine schlechte Bezahlung bei hoher Verantwortung.“
Im AKH gibt es noch den berühmten „Hebammenkonflikt: Wieder eine Hebamme im AKH durch Burnout im Krankenstand, diese Woche versieht eine Hebamme 6 Dienste (6x12,5h) und überschreitet damit deutlich die maximale Stundenzahl, pro ND bekommen die Hebammen 30 Euro Brutto, Stundenlohn Brutto unter 3 €!!!“
Die Arbeitgeber wollen darüber hinaus ihre Mitarbeiter nicht einmal ordentlich bezahlen. Sie splitten die Arbeitszeiten einfach so nach dem Motto: Arbeitszeit ist nicht vollwertige Arbeitszeit, Arbeitszeit ist vielleicht Arbeitszeit und Bereitschaftszeit.
Das ist ein untragbarer Zustand. Das darf nicht sein und das muss auch nicht sein. Wir fordern seit Langem – und haben dazu auch schon einige Anträge eingebracht –, dass Bereitschaftszeit uneingeschränkt Arbeitszeit zu sein hat und dass es in den öffentlichen Krankenhäusern eine strikte Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit zu geben hat. Auf keinen Fall werden wir einer Verschlechterung der derzeitigen Gesetzeslage zustimmen.
Sehen wir uns doch einmal die von den Koalitionsparteien eingebrachte Ausschussfeststellung betreffend Änderung der Arbeitszeitrichtlinien an! – Darin enthalten ist ein Splitting von Arbeitszeit in aktive und inaktive Arbeitsbereitschaft, wobei dann sogenannte nichtaktive Zeiten nicht auf das Höchstmaß der Arbeitszeit angerechnet werden beziehungsweise Bereitschaftsdienste nicht mehr uneingeschränkt als Arbeitszeit gelten würden. Darin enthalten ist eine Ausweitung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, wobei es zu unterschiedlichen Anrechnungen der Bereitschaftszeit auf die wöchentliche Arbeitszeit kommen würde. Darin ebenfalls enthalten ist eine Ausweitung der Durchrechnungszeiträume.
Ich meine, bevor sich ein österreichischer Politiker beziehungsweise ein österreichischer Sozialminister in Europa für soziale Mindeststandards einsetzt, sollte er doch zuallererst dafür Sorge tragen, dass diese im eigenen Land gelten und umgesetzt werden. Alles andere wäre grotesk und absolut unglaubwürdig.
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