Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll110. Sitzung / Seite 106

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ten aufrollen. Es gibt nicht nur diese Kaskade der Kostenexplosion, es gibt ja auch Pla­nungsmurks.

Nun, gehen wir es der Reihe nach an. Es geht also um eine technische Infrastruktur für eine Stadtteilentwicklung. Das Gesamtprojekt Südbahnhof ist also eingebettet in ein Stadtentwicklungskonzept der Stadt Wien. Dass es jetzt in erster Linie um die Stadt­entwicklung und seitens der ÖBB in erster Linie um die Immobilienverwertung, in aller­erster Linie um einen Geschäftsbereich mit Anschluss an ein Bahngleis geht, das ist dann eben das Ergebnis einer solchen Herangehensweise.

Unseres Erachtens nach wäre bei dieser Planung von vornherein von Seiten des Bun­des die Sicht der Kundinnen und Kunden der ÖBB prinzipiell vorrangig zu berücksich­tigen gewesen. Es geht darum, dass die Menschen, die aus Österreichs südlichem oder östlichen Bereich kommen, endlich einen akzeptablen Bahnhof vorfinden. Der Südbahnhof war ein Schandfleck. Keine Frage! Es hätte dort schon längst saniert werden müssen. Diese Sanierung ist jetzt allerdings mit anderen Überlegungen zusam­mengefallen, zum Beispiel auch mit der Zusammenlegung verschiedener ÖBB-Be­triebssysteme oder -Betriebserfordernisse.

Da hakte der Rechnungshof ein mit seiner Kritik. Er sagt, die Tatsache, dass die Wirt­schaftlichkeitsberechnung vonseiten der ÖBB für dieses neue Hauptbahnhof-als-Durchgangsbahnhof-Projekt überhaupt positiv ausgegangen ist, beruht in erster Linie darauf, dass man die Finanzierungskosten gar nicht mit einbezogen hat. Es war von Anfang an ein grober Fehler, nicht die ganze Wahrheit auf den Tisch zu legen und mühsam eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zusammenzustoppeln, damit das Projekt überhaupt beschlussreif wird, unter Missachtung der Finanzierungskostenfrage. Da fängt die Krux schon an.

Das Nächste ist: Wenn man einen neuen Hauptbahnhof plant – wenn nur 10 Prozent dieser Gäste, die vom Westen nach Wien kommen, die jetzt zwangsweise dort hinge­führt werden, außer sie steigen schon in St. Pölten oder in Meidling aus, wenn sie überhaupt dorthin wollen (Abg. Dr. Pirklhuber: Unglaublich!), das ist ja schon einmal eine Grundsatzüberlegung, die dem ganzen Projekt als Mühlstein um den Hals hängt –, dann hätte man zumindest die Anbindung an die örtlichen Wiener Verkehrsmittel bes­ser gestalten müssen.

Derzeit droht ein Szenario, das es auf einem internationalen Durchgangsbahnhof einer Millionenstadt überhaupt nicht gibt, nämlich eine einzige U-Bahn-Anbindung, und zwar in beträchtlicher Entfernung von den Bahngleisen. Planungsfehler lagen schon früher vor – das hat der Rechnungshof in diesem Zusammenhang wieder kritisiert –, nämlich bei der Wiener U-Bahn-Planung der U1-Haltestelle Südtiroler Platz jenseits des Süd­bahnhofes.

Weiters ist das deshalb zu kritisieren, weil der Bund den Wiener U-Bahnbauten immer 50 Prozent der Kosten zuschießt. Die Kritik des Rechnungshofes, anhand von Details, im neuen Projekt noch einmal dokumentiert, lautet: Der Bund zahlt, stellt aber keine Junktims und Bedingungen auf. Der Bund gibt Geld – und die U-Bahn fährt vorbei! Der Bund zahlt die Hälfte der U-Bahn-Kosten, aber die Fahrgäste der Österreichischen Bundesbahnen werden doch nicht ordentlich bedient.

Diese Kritik des Rechnungshofs ist höchst berechtigt. Wir haben schon früher darauf hingewiesen, dass bei der Planung dieses neuen Bahnhofs, wenn es schon ein neuer sein soll, in erster Linie den Interessen der Fahrgäste – und nicht jenen der Immobilien­wirtschaft, der Grundstückswirtschaft und der Geschäftswelt in Form von Schnellim­biss-Ständen und so weiter – nachgekommen werden soll! (Beifall der Abgeordneten Dr. Pirklhuber und Dr. Walser.)

Jetzt kommt der nächste Murks: öffentliche Verkehrsanbindung, der Peoplemover. Weil die U1 so weit weg ist, dachte man sich so eine Art „horizontales Ringelspiel“ aus, wie


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