Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll112. Sitzung / Seite 117

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Volk, die österreichische Bevölkerung als Beitragszahler für den ORF? Diese Frage müssen wir uns ja auch grundsätzlich stellen.

Und da geht es natürlich auch um den kulturellen Beitrag. Österreich war eine blü­hende Kulturnation. Wir zehren noch immer vom Kaiser. Der letzte Kaiserenkel ist ja schon gestorben, jetzt wäre es Zeit, dass auch wir etwas tun. Es heißt immer, wo man singt, da lass dich ruhig nieder, aber in den Schulen wird schon zu wenig gesungen, es wird draußen zu wenig gesungen, und das, was wir heute alle hier geringschätzen, könnte morgen als bitterer Mangel empfunden werden.

Grundsätzlich: Die Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Instrumentariums wie des ORF ist es, nicht nur für objektive Berichterstattung Verantwortung zu tragen, sondern er hat für die Republik als Kulturträger höchsten und allgemeinen Bildungsansprüchen zu ge­nügen, um einen wesentlichen Beitrag für die Identität Österreichs zu leisten. (Beifall bei der FPÖ.)

Das bedeutet, der ORF muss, kann und soll in Hörfunk und Fernsehen diesem Bil­dungs- und Unterhaltungsanspruch Genüge tun. Er hat heimisches Musikschaffen aus allen Bereichen, Text, Literatur und andere Künste gezielt zu fördern, somit für eine größere Auswahl begabter Komponisten, Dichter, Kunstschaffender zu sorgen. Ich re­de hier nicht nur von der gängigen und beliebigen volkstümlichen Musik, ich spreche von einem Reservoir für die Konservatorien, Spitzenorchester, ja, einem Reservoir für die Höchstbegabten.

Und wie verhält es sich mit der Förderung unzähliger Hausmusikgruppen, die mit ei­nem großen Repertoire aufwarten und in Ermangelung gezielter Förderung verkom­men? Im Fußball, im Alpinsport und so weiter, da ist es ja anders, und das wünsche ich mir auch für unsere Leute.

Unzählige Musikgruppen zeigen auch ein hohes Maß an Gemüt und Unterhaltung, und da wäre es vielleicht schon ganz geschickt, dass man an den Begriff des Volksliedes vielleicht wieder mit Demut herangeht. Greifen wir auf Herder zurück! Für ihn war das Volkslied ein Ausdruck von Kultur, Tradition, Denkungsart, aber auch ein Maß an Philo­sophie, ein Bildungsideal, das nicht nur die nationalen Elemente beinhaltet hat, son­dern auch – wir würden sagen – übernationale Begriffe. So sollte das Volkslied natür­lich auch die Seele und das Wesen eines Volkes ausdrücken und in Harmonie zur kul­turellen, allgemein-menschlichen Eigenheit stehen.

Ich glaube, da haben wir alle zu tun, gerade wo wir heute über Minderheiten oder die Mehrsprachigen gesprochen haben. Alle die haben ihr Volksliedgut, aber das ist alles aus der Vergangenheit. Denken wir daran, alle Lieder der Gemeinschaft, der Land­schaft, Fahrtenlieder, Küchenlieder, Lieder des bäuerlichen Lebens stammen aus einer Zeit, die weit zurückliegt. Wo sind wir heute? Es ist verstummt. Wir haben nur mehr die Vergangenheit. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Früher hatte jede Berufsgruppe, jeder Berufsstand seine Lieder. Ich vermisse moderne politische Volkslieder aus der Arbeit der Jetztzeit. Ich vermisse die Volkslieder aller Umweltbewegungen der Jetztzeit. Ich vermisse Volkslieder aus dem religiös-spirituel­len Teil.

Unterstützen Sie auf diesem Weg eine volksliedreiche Zukunft, Begabte und Künstler! Es wird sonst unsere Gegenwart nur über Konserven des Alten Wiedererkennungswert haben. Der ORF hat hier einen hohen, wichtigen öffentlichen Auftrag wahrzunehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Brosz. 6 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Pilz: Kollege Brosz, singst du jetzt?)

 


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