Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll116. Sitzung, 13. September 2011 / Seite 106

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Vorverurteilungen; aber dann würde ich mir noch etwas wünschen, nämlich keine pau­schalen Heiligsprechungen im Vorhinein. (Beifall bei den Grünen.)

Im Moment habe ich allerdings den Eindruck, die ÖVP ist keine Partei mehr, sondern eine Glaubensgemeinschaft, die explizit der Ära Wolfgang Schüssel einen Heiligen­schein umhängt und alles, was da passiert ist, für unfehlbar erklärt – und das ist keine Haltung, die zu schonungsloser Aufklärung führen wird, mit Sicherheit nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben es hier mit einem der größten wirtschaftlichen und politischen Skandale in den letzten 20 Jahren zu tun. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rädler und Groß­ruck.) – Wenn Sie jetzt wieder mit Ihrem frauenfeindlichen Quatsch hier hereinplär­ren – ich möchte das kurz wiederholen: Oberlehrerin der Nation –, möchte ich Ihnen sagen, Sie sollten wirklich sehr vorsichtig sein. Als ÖVP-Abgeordneter an Tagen wie diesen sich an einer ernsthaften, seriösen Debatte nicht zu beteiligen, sondern einfach nur von den hinteren Bänken hier hereinzuplärren, das ist wirklich kein Beitrag in dieser Situation! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Schultes: ... überheblich!) – Nein, das ist einfach nicht in Ordnung! Das ist wirklich nicht in Ordnung!

Wenn Sie einmal ernsthaft der Sache nachgegangen wären! Denken Sie nur an die vielen Hinweise, die von Grünen in den letzten Jahren gekommen sind! Und glauben Sie mir, wir würden uns gerne mit anderen Dingen beschäftigen, als Scherben und Re­likte der schwarz-blauen Ära aufzuklauben und zusammenzusammeln! Das möchte ich nur noch einmal erwähnen. (Abg. Kopf: Das glaube ich nicht!)

Die Sachverhaltsdarstellungen von Gabi Moser haben in den Fragen Telekom und BUWOG zu Ermittlungen der Justiz geführt. Die Sachverhaltsdarstellung vom Kärntner Landtagsabgeordneten Rolf Holub hat zu Ermittlungen in der Causa Hypo Alpe-Adria geführt. (Abg. Dr. Strutz: Eingestellt!) Die Sachverhaltsdarstellungen von Peter Pilz ha­ben zu Ermittlungen in den Causen Eurofighter, Novomatic und OMV geführt. Das sind die Dinge, die Sie so bezeichnen: als „Dreck um sich werfen“. Das ist die Arbeit, die wir als Abgeordnete tun. Sie sollten sich an dieser Kontrollarbeit ernsthaft beteiligen und nicht auf so einem Niveau argumentieren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Strutz: Freispruch für Kulterer!)

Es schaut offensichtlich so aus, als ob hier die verbale Mehrheit für einen Untersu­chungsausschuss da wäre, aber wir noch immer keine Mehrheit haben in diesem Haus, und ich kann das wirklich nicht mehr nachvollziehen. Die SPÖ tritt auf einmal mit den wirklich seltsamsten Argumenten für Zeitverzögerung ein. Ich möchte diese Argu­mente noch einmal entkräften. Zeugenentschlagungsrecht. – Wissen Sie, was das be­deutet? Das hieße, wir müssten jetzt mindestens drei, vier, fünf Jahre warten, bis alle rechtskräftig verurteilt sind, um einen Untersuchungsausschuss einsetzen zu können. Das kann ja kein ernsthaftes Argument sein, Herr Kollege Kräuter, Herr Kollege Jaro­lim!

Was ist das für ein Argument? Wenn wir nur die Chance haben wollen, bis zum Wahl­kampf 2013 die Arbeiten halbwegs seriös abgeschlossen zu haben, müssen wir unver­züglich mit der Aufklärungsarbeit beginnen. Sonst besteht nie die Chance, einen Ver­such zu unternehmen, das berechtigte Interesse der österreichischen Bevölkerung und das Vertrauen wiederherzustellen.

Die Dinge, die da passiert sind, sind wirklich übel. Da geht es um den Verdacht des Schlimmsten, was in der Demokratie passieren kann: dass Gesetze, Verordnungen und Staatsbürgerschaften gekauft werden können. Das sind sehr, sehr üble Dinge! Da­her bitte ich Sie: Erkennen Sie den Ernst der Lage und beschließen Sie mit uns hier, heute und jetzt einen Untersuchungsausschuss – das kann ja nicht so schwer sein –,


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