Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll116. Sitzung, 13. September 2011 / Seite 109

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Begründung:

Die Untersuchung verdächtiger Vorgänge unter der schwarz-blauen Regierung der Jahre 2000 bis 2007 hat bisher eine Menge an Korruptionsfällen enthüllt, die in der Ge­schichte der Republik beispiellos ist. Neben der juristischen Aufarbeitung durch die zu­ständigen Staatsanwaltschaften und Gerichte ist auch eine politische Aufarbeitung durch den Nationalrat in Form eines Untersuchungsausschusses dringend notwendig. Nur so kann die politische Verantwortung der Entscheidungsträger, aber auch das Ver­sagen der staatlichen Kontrolle und Aufsicht geklärt werden. Daraus können wertvolle Schlüsse gezogen werden, um bestehende Korruptionsnetzwerke zu zerschlagen, die benützten Mechanismen besser zu verstehen und für die Zukunft durch geeignete Ge­setzesänderungen ähnliche Vorfälle zu vermeiden.

Die Zahl der Fälle und untersuchungswürdigen Vorgänge ist tatsächlich so groß, dass eine vollständige Bearbeitung durch einen Untersuchungsausschuss innerhalb der ver­bleibenden Gesetzgebungsperiode nicht mehr möglich wäre. Insbesondere die Causa "Eurofighter" kann auf Grund ihres Umfangs und der hohen Zahl involvierter Amts­träger nicht im Rahmen eines Korruptions-Untersuchungsausschusses neben anderen Causen untersucht werden.

Es sollen deshalb beispielhaft einige wenige Fälle untersucht werden, die besonders gut dokumentiert erscheinen und darüber hinaus als typische Beispiele für unterschied­liche Erscheinungsformen der systematischen politischen Korruption stehen.

Der Telekom-Skandal ist vor allem durch seine gut dokumentierten Zahlungen an Poli­tikerInnen und ihnen nahestehenden Personen für nicht nachvollziehbare Gegenleis­tungen exemplarisch für das System der politischen Korruption, das externe „Berater“ wie die Unternehmen von Peter Hochegger oder Alfons Mensdorff-Pouilly als Dreh­scheibe zur Verteilung von Geld benutzt. Darüber hinaus ist hier auch die Erzielung von Millionengewinnen durch parteinahe Unternehmen in Kettengeschäften und die Beeinflussung der Erlassung von Gesetzen und Verordnungen zum eigenen Vorteil un­tersuchenswert.

Der BUWOG Skandal dokumentiert die Machenschaften von Beratern und Vermittlern im Zusammenhang mit der Privatisierung von Staatsvermögen weit unter dem Markt­wert. Aufgrund der vergleichbaren Vorgehensweise sind hier auch die Einmietung in das Justizzentrum Wien Mitte und den Terminal Tower in Linz zu untersuchen.

Der Versuch einer unmittelbaren Beeinflussung des Gesetzgebungsprozesses durch das Finanzministerium über Intervention des Lobbyisten Walter Meischberger für die Novomatic-Gruppe sowie die folgende Gegenreaktionen der Casinos Austria zeigt, wie Geldmittel zur Beeinflussung nicht nur der Geschäftsführung von Bundesministerien sondern auch zum Kauf von Gesetzen eingesetzt wurden.

Die dubiosen Vorgänge rund um das Behördenfunknetz Adonis bzw. Tetron beleuch­ten die Praxis bei Vergabeverfahren unter der schwarz-blauen Regierung, insbeson­dere im Ressort des damaligen Innenministers Ernst Strasser. Auch hier dürfte es zur Zahlung von Millionbeträgen an Alfons Mensdorff-Pouilly gekommen sein, und es wird zu untersuchen sein, inwiefern die Politik auch abseits von Jagdeinladungen davon profitierte.

Mehrere Beispiele teils erfolgreicher, teils gescheiterter Versuche, die österreichische Staatsbürgerschaft durch Spenden an Politiker oder Parteien zu kaufen, belegen ein System der Korruption in Verwaltungsverfahren. Hier werden daher die im öffentlichen Interesse vergebenen Staatsbürgerschaften unter der schwarz-blauen Regierung nä­her zu beleuchten sein.

 


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