Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll118. Sitzung / Seite 67

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

abgeordnete oder der Minister oder gar der Bundeskanzler, jeder hat, in einer gewissen Abstufung, Möglichkeiten, sich Vorteile zu verschaffen.

Jetzt ist die Frage: Warum ist nicht jeder korrupt, der die Möglichkeit dazu hat? – Da gibt es auch wieder mehrere Möglichkeiten, mehrere Varianten. Es gibt welche, die haben einfach einen moralischen Anspruch an sich selbst und sagen, ich habe die Möglichkeit, aber ich tue es nicht. Das ist der Idealfall. Nur leider haben wir in der Vergangenheit gesehen – und da meine ich auch die ältere Vergangenheit –, dass nicht jeder so einen hohen moralischen Anspruch hat, und es gibt einige, zwar wenige, aber doch einige, die sich diesen Vorteil verschaffen – und zwar deshalb, weil sie davon ausgehen, damit durchzukommen. Und genau da müssen wir ansetzen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Da sind wir nämlich eindeutig zu halbherzig. Wenn jeder, der sich Vorteile verschafft, damit rechnen muss, nicht damit durchzukommen, was glauben Sie, wie viele das dann noch machen werden? – Es gibt einfache Beispiele. Es gibt Gegenden, wo die Einbruchsrate immens hoch war. Da hat man einfach an jede Ecke einen Polizisten gestellt. Was glauben Sie, was passiert ist? – Die Einbruchsrate ist praktisch gegen null gegangen, weil jeder damit rechnen musste, erwischt zu werden. Genau so ist es in der Politik und genau so ist es in anderen Bereichen der Gesellschaft: Wenn jemand damit rechnen muss, erwischt zu werden, dann wird er es sich dreimal überlegen.

Deshalb brauchen wir ein enges Netz und vollkommene Transparenz, und je höher die Position ist, desto transparenter muss die Sache werden. Das heißt, ein einfacher Oppositionsabgeordneter braucht bei Weitem nicht so viel offenzulegen wie zum Beispiel ein Kommissar in der Europäischen Union oder ein Minister. Es wird sich erst dann etwas ändern, wenn wir dazu bereit sind, jeden Minister für eine komplette Transparenz zu begeistern.

Damit meine ich nicht, die Daten im Internet zu veröffentlichen. Es geht ja niemanden etwas an, was der betreffende Minister sonst noch macht, aber ich meine damit, zum Beispiel der Korruptionsstaatsanwaltschaft alle Daten, alle Kontobewegungen offenzu­legen, denn dann sieht man sofort, wenn da irgendwelche Unregelmäßigkeiten passieren. Ich weiß, dass das nicht einfach sein wird, ich weiß, dass sich niemand gern in seine Bücher schauen lässt, aber es wird nicht anders gehen.

Wenn wir es ehrlich meinen – und da meine ich alle Parteien damit – und für die Zukunft Korruption verhindern wollen, und ich glaube, darum geht es, dann müssen wir über diesen Schatten springen und absolute Transparenz in allen Bereichen zulassen, und da meine ich auch die Parteienfinanzierung. Wenn wir dazu nicht bereit sind, dann wird diese Schlammschlacht, die hier geführt wird, wo der eine den anderen anpatzt, wo man überall Korruption sieht und versucht wird, jeden in den Sumpf der Korruption hinunterzuziehen, letztlich nur dazu führen, dass die Bevölkerung sich mit Scham abwendet und davon ausgeht, dass jeder Politiker Dreck am Stecken hat.

Ich weiß, dass zumindest 90 Prozent – zumindest 90 Prozent – der Politiker einen sehr hohen moralischen Anspruch an sich selbst haben, und die wenigen, die sich Vorteile verschaffen, ziehen uns alle mit runter. Deshalb: Wenn wir nicht wollen, dass der Spruch meines Schwiegervaters, der einmal gesagt hat: Wenn man alle Politiker in einen Sack steckt und von außen draufhaut, dann trifft man nie den Falschen!, wahr wird, wenn wir nicht wollen, dass die Bevölkerung sich das denkt, dann müssen wir absolute Transparenz zulassen. Das Netz muss so eng sein, dass jeder – jeder, ob das nun ein Oppositionsabgeordneter, ein Regierungsabgeordneter oder ein Minister ist – davon ausgehen muss, dass er erwischt wird, wenn er krumme Dinge macht. Das Netz muss so eng sein, dass das gewährleistet ist.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite