Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll122. Sitzung / Seite 61

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die Bundesregierung doch nicht dazu, dass sie macht, was ich alleine machen kann. Daher verstehe ich das nicht. Daher werden wir auch diesen Antrag ablehnen. So sehr wir das Anliegen grundsätzlich unterstützen, ist es einfach verfassungsrechtlich unsin­nig.

Ich weiß nicht, wer bei euch diese Anträge geschrieben hat, aber sie sind jedenfalls nicht von der Qualität, die man bei einer derartigen Debatte erwarten müsste. (Abg. Bucher: Wir haben eigene!) – Ich komme gleich dazu.

Nächstes verfassungsrechtliches Argument – ja, von den Grünen. Ich habe nicht schlecht gestaunt. Was verlangt ihr?  Ein Volksbegehren auch über Vollzugsakte. Das heißt, wir verlangen in Zukunft, Volksbegehren über Asylbescheide (Abg. Kopf: Straf­mandate!) – oder Strafmandate. Na, wunderbar, das hat eine neue Qualität, das ist nicht von schlechten Eltern! (Abg. Kopf: Auf das habe ich schon lange gewartet!)

Dann: Volksbefragungen sollen in Zukunft vom Volk initiiert werden können, auch über Vollzugsakte. Was glaubt ihr, was die FPÖ da mit Asylbescheiden machen würde? – ich übrigens auch, das sage ich gleich dazu. Also das ist wirklich eine gefährliche Dro­hung. Dann werden wir auch darüber entscheiden, ob ihr sozusagen eine Baubewilli­gung bekommt oder nicht. (Heiterkeit beim BZÖ.)

Jetzt kommt’s noch viel dicker: Anfechtung von Ergebnissen von Volksabstimmungen. Das heißt, wenn das Volk einmal entschieden hat, dann gibt es die Grünen und die fechten das an. Ich möchte einmal wissen, ob dann der Verfassungsgerichtshof gegen das Volk entscheidet. Das ist wirklich ein starkes Stück, starker Tobak. Das werden wir natürlich nicht mittragen, es ist verfassungsrechtlicher Unsinn.

Nun zu Ihnen, Herr Bundeskanzler. Ich möchte Ihnen Ihren Brief in Erinnerung rufen. Sie haben im Juni 2008 wörtlich an die „Kronen Zeitung“ Folgendes geschrieben – ich zitiere: „Auch in Österreich besteht gegenwärtig eine weit verbreitete Skepsis gegen­über der EU.“ – Vollkommen richtig, Herr Bundeskanzler. – „(...) begegnen wir heute ei­ner Stimmung der Verunsicherung und manchmal auch Ablehnung.“ – Der Herr Bun­deskanzler war ein Visionär. – „Viele Menschen beklagen das Demokratiedefizit der EU und die mangelnde Transparenz.“ – Wie recht er doch hatte!

Dann kommt die große Ankündigung, ich zitiere Werner Faymann: „Auf der Basis einer kontinuierlichen Information und einer offenen Diskussion sind wir der Meinung,“ – ge­meint ist nicht wir, Werner Faymann von Gottes Gnaden, sondern wir, die Sozialdemo­kratie – „dass zukünftige Vertragsänderungen, die die österreichischen Interessen be­rühren,“ – berühren, nicht einmal beeinträchtigen – „durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen. Sollte also ein geänderter Reformvertrag neuer­lich von Österreich ratifiziert werden müssen, so wollen wir den Koalitionspartner von dieser Vorgangsweise überzeugen.“ (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Kollege Kopf, wie stark war denn die Überzeugungsarbeit, die der Herr Faymann geleistet hat? (Zwi­schenruf des Abg. Kopf.) – Ah, ist bei Ihnen nicht angekommen. Gut, da hat er schon das erste Mal sein eigenes Wort gebrochen, zu diesem Satz.

Und jetzt kommt es:

„Dies gilt auch für einen möglichen Beitritt der Türkei, ...“ – „auch“ heißt, dass er natür­lich in allen anderen Fragen auch gilt, die, ich zitiere noch einmal Werner Faymann – „österreichische Interessen berühren“.

Herr Bundeskanzler, wenn es um Milliarden geht – jetzt wieder zum ESM –, dann kann man doch wohl getrost davon ausgehen – und da werden mir alle Fernsehzuschauer recht geben –, dass da österreichische Interessen, und ich zitiere wörtlich, „berührt“ sind.

Ich schaue mir auch an, wie Sie der österreichischen Öffentlichkeit eine Volksabstim­mung über die Vorschläge, die Merkel und Sarkozy jetzt ausgemacht haben, vorschla-


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