Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 92

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lesen, den wir aus Anlass eines etwas mangelhaften Mehrheitsberichts aus dem Aus­schuss allen Parlamentariern und auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Wir beziehen uns genau auf die Erhebungen, die Auskunftspersonen und ihre Aus­künfte und haben hier die Erkenntnisse und Ergebnisse systematisch zusammen­gestellt, weil wir ja schließlich auch am Anfang standen. Die Sonderprüfung des Rechnungshofes ging auch auf eine grüne Initiative zurück. Die Auseinandersetzungen vor Gericht wurden auch von uns veranlasst, weil – und damit komme ich zum Kern – einerseits durch die Spekulationsgeschäfte der ÖBB, andererseits durch den Erwerb der ungarischen MÁV Cargo und gewisse Aktivitäten im Beschaffungsbereich insge­samt 1 Milliarde Steuergeld unzweckmäßig – das ist harmlos ausgedrückt: eigentlich zweckwidrig – verwendet worden ist, im Prinzip verschleudert worden ist, den Bach hinuntergeflossen ist.

Wir mussten vonseiten der ÖBB an die Deutsche Bank an die 300 Millionen € zahlen – das ist unterm Strich das Ergebnis dieser wilden Spekulationsgeschäfte im Umfang von über 600 Millionen € –, und wir haben für die MÁV Cargo, die jetzt um 120 Mil­lionen € im Buch steht, über 430 Millionen € gezahlt.

Das war es nicht wert, das war ein sogenannter strategischer Preis. Wir haben untersucht, wie es so weit gekommen ist, aber gehen wir der Reihe nach vor. Ganz kurz: Die ÖBB riskierten 600 Millionen € – das hat der Unterausschuss des Rech­nungshofausschusses nachgewiesen – im vollen Bewusstsein des Gesamtumfanges des Risikos. Das konnten uns die diversen Auskunftspersonen sehr wohl mitteilen, weil es von vornherein klar war – sowohl im Vorstand der Infrastruktur Bau AG als auch im Vorstand der Holding, dass es sich um Derivatgeschäfte handelt, sprich: um Wetten. Noch dazu hat man die Gegenwette nicht gemacht. Wegen ungefähr 700 000 € hat man auf das zweite Standbein, diese Wette, verzichtet.

Als dann der volle Umfang des Risikos klar geworden ist, hat man nicht versucht, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Der Unterausschuss hat herausgefunden, das wäre um 10 bis 30 Millionen möglich gewesen – ungefähr im Zeitraum vom Septem­ber 2005 bis Jänner 2006. Nein  nein! –, man hat all diese Geschäfte noch durch zusätzliche Verhandlungen mit der Deutschen Bank abgesichert, erweitert und im Sommer 2006 formal finalisiert, ohne den Aufsichtsrat ausreichend zu informieren. Das hat uns in Summe dann 300 Millionen € gekostet.

Im Detail: Zeugenaussagen beziehungsweise Auskunftspersonen belegen, es gab Gutachten, die besagten, ein Ausstieg gegenüber der Deutschen Bank sei möglich. Die Deutsche Bank war ja noch dazu mandatiert, sich selber zu mandatieren. Das muss man sich einmal vorstellen. Alleine das wäre ein formaler Grund gewesen, da hätte man aussteigen können. Man hat es nicht gemacht.

Man hat dieses Hochrisikogeschäft wegen einer Prämie von 30 Millionen € gewagt; das sind – rechnen Sie aus! – 0,5 Prozent Verzinsung pro Jahr von den 600 Millionen, die riskiert worden sind. Jedes normale Sparbuch bringt mehr. Die ÖBB riskierten mit Wissen der jeweiligen Vorstände Kopf und Kragen und glaubten, das sei ein Swap, obwohl sie laut Vorstandsinformation und Vorstandsprotokoll sehr wohl wussten, dass es sich um Derivatgeschäfte handelt.

Letzter Akt bei diesen Spekulationsgeschäften: Obwohl die Vorstände in ihrer Infor­mationspflicht nicht dem Aktienrecht entsprachen, bei Eingang der Spekulations­ge­schäfte nicht der Sorgfaltspflicht entsprachen, vor Eingang in diese Geschäfte keine Risikoabwägung vornahmen, keine Gutachten in Auftrag gaben, hat man Ihnen von­seiten der neuen Vorstandsebene des Aufsichtsrates – sprich vom Präsidium des Aufsichtsrates – im Jahr 2008 einen generösen Golden Handshake gegeben – mehr


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