Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 130

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Wenn wir im Schnitt 20 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union ha­ben, die Spitzen bis zu 48 Prozent gehen, da müssten doch alle Alarmglocken schril­len. Und das sage ich in einem Land, das 3,7 Prozent Gesamtarbeitslosigkeit hat, also weit weg von diesen Zahlen ist. Ich bin durchaus bereit, das zu kritisieren, aber doch nicht mit der Konsequenz: Wenn das nicht passiert, dann treten wir aus der Europäi­schen Union aus! (Abg. Bucher: Wer hat denn das gesagt? Wer hat denn das gesagt? Wir haben gesagt, Griechenland soll austreten! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) Das ist in Wahrheit das, was Sie hier sagen. Der logische Schluss von Ihrer Politik und Ihren Vorschlägen läuft auf einen Austritt Österreichs aus dem Euro und aus der Euro­päischen Union hinaus. Das ist doch das zu Ende gedacht, was Sie hier vorschlagen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Petzner: Das ist Populis­mus, was Sie machen! – Abg. Bucher: Eine gestörte Wahrnehmung!)

Ja, man kann auch trefflich streiten über die Ausgestaltung von EFSF, von ESM: He­belt man? Hebelt man nicht? In welcher Form hebelt man? Wie bindet man die Par­lamente in diese Fragen ein? Ich habe meine Meinung dazu gesagt, und zu der stehe ich auch. Das ist aber sicher nicht die einzige Meinung, die es in Europa dazu gibt. In den letzten zwei Wochen war ich in Deutschland, in Frankreich, in London und habe dort mit vielen europäischen Finanzpolitikern gesprochen (Oh-Rufe bei FPÖ und BZÖ), und ich sage Ihnen, da gibt es höchst unterschiedliche Meinungen.

Weil da immer von irgendwelchen Geheimpapieren gesprochen wird: Also ich kenne kein Geheimpapier. Es gibt viele Papiere. Ich kann Ihnen sagen, Sie brauchen, wenn Sie die Inhalte, die am Sonntag im „Kurier“ gestanden sind, lesen wollen, sich nur zum Beispiel eine Rede von Barroso vom 12. Oktober vom Netz herunterladen. Da haben Sie genau die Inhalte drinstehen, die Gegenstand dieses Sonntags sind. Sie brauchen sich nur das „Handelsblatt“ online vom Freitag letzter Woche durchzulesen. Da haben Sie genau die gleichen Inhalte drinnen. Sie brauchen sich nicht nur mit der „Financial Times“ fotografieren und plakatieren zu lassen in ganz Österreich, Sie brauchen sie nur zu lesen. Da haben Sie genau die gleichen Inhalte drinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein paar Worte zu den Banken. Niemand in Österreich will Banken haben. Also ich kenne zumindest keinen in der Regierung, der sagt, ich will jetzt unbedingt noch ein paar Banken in Österreich übernehmen. Jeder Politiker ist froh, wenn die Banken ihre Probleme selber lösen. Jeder ist darüber glücklich. Wenn es aber dazu kommt, dass es notwendig ist, Banken zu helfen, dann haben wir das in der Vergangenheit gemacht.

Nur das, was in der Zukunft meiner Meinung nach anders sein müsste: Wenn es wie­der dazu kommt, dass Banken Hilfe brauchen, dann halte ich es für richtig, dass das nicht über Partizipationskapital läuft, sondern über Stimmrechtskapital (Zwischenrufe bei der ÖVP), und zwar deswegen, weil nicht sein kann, dass ein Zwischenhoch dazu verwendet wird, Dividenden auszuschütten, und im Jahr darauf wieder die Hilfe des Staates verlangt wird. Das kann es auch nicht sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Petz­ner: Sozialismus pur!)

Das kann es auch nicht sein, dass in den guten Jahren Dividenden ausgeschüttet wer­den und man in den schlechten Jahren den Staat um Geld ersucht. Das kann es nicht sein, und deswegen stehen wir dazu.

Ich glaube, man kann bei vielem unterschiedlicher Meinung sein, aber das, was drei Parteien hier auszeichnet, ist, dass es ihnen ernsthaft und ehrlich um die Zukunft der Europäischen Union geht, um die Zukunft der Eurozone. Mit diesen Parteien setzen wir uns gerne auseinander und streiten auch gerne darüber, aber auf der polemischen und populistischen Schiene zu fahren, dafür ist mir die Europäische Union, dafür ist mir der Euro, dafür ist mir auch dieses Land viel zu schade. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

16.09

 


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