Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 146

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dann heißt das, dass die Spekulationen auf andere Länder, etwa Italien, Spanien oder Portugal beginnen, was weiters heißt, dass das der Beginn des Endes dieser Wäh­rungsunion wäre. Das ist nicht das, was wir wollen, und ich sage Ihnen: In dieser Zeit brauchen wir ein Mehr an Europa – und nicht weniger. Das ist sicherlich einer der wichtigen Schritte.

Herr Klubobmann Bucher, Europa ist in den letzten Jahrzehnten zusammengewach­sen, ist ein Erfolgsmodell geworden. Dieses Erfolgsmodell hat Wohlstand geschaffen und sozialen Frieden gesichert und hat die wirtschaftliche Entwicklung vorangetrieben. Ich glaube nicht, dass das alles in dieser Form hätte geschehen können, wären die Na­tionalstaaten alleine dagestanden.

Natürlich: Die Herausforderungen für den nächsten EU-Gipfel sind groß. Eine der gro­ßen Aufgaben ist es, sicherzustellen, dass Europa nicht weiter auseinanderdriftet und dass Klarheit geschaffen wird. Das ist mit Sicherheit die Herausforderung für den kom­menden Gipfel.

Was jetzt immer wieder vergessen wird – da braucht man sich nur die Situation in Griechenland, in Spanien und Portugal anzuschauen –, ist: Europa braucht Zukunftsin­vestitionen und somit ein koordiniertes Investitionsprogramm, um die Abwärtsspirale auch ökonomisch zu stoppen.

Wir sind in den letzten Tagen und auch heute mit vielen technischen Details beschäf­tigt: wie viele Milliarden in welchem Rettungsschirm, in welchem Paket, EFSF, ESM, Bankenrekapitalisierung und so weiter. Worauf man etwas vergisst, ist, was denn der­zeit in den einzelnen Ländern in Europa abgeht, siehe etwa im Zusammenhang mit der Jugendarbeitslosigkeit. Was ist denn gestern in Griechenland gewesen? – Großde­monstrationen vor Ort ob der harten Einschnitte, die getroffen worden sind. Keine Fra­ge, die Änderungen sind notwendig, die Einschnitte ausweglos. Aber wer ist denn be­troffen? – Hauptsächlich die jüngeren Menschen. In dieser Krise zeigt sich, dass ge­rade die jungen Menschen vor großen Problemen stehen. Wenn Europa und die Politik nicht klar auch Optionen aufzeigen, schaffen und unterstützen, dann werden gerade die jungen Menschen Griechenland den Rücken kehren und die Situation wird sich weiter verschlechtern. Das wird nicht nur Griechenland betreffen, sondern das wird auch andere Länder betreffen. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Man stelle sich das einmal vor: In der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren sind vier von zehn jungen griechischen Menschen ohne Arbeit, aber mit guter Ausbildung! Das sind Tendenzen, die wir in dieser Form ja nicht wollen. Wenn man jetzt die ganz konkreten Maßnahmen anschaut, das, was wirklich an Investitionen geplant ist, dann kann ich Ih­nen sagen, dass uns im letzten Finanzausschuss die Frau Ministerin auf die Frage: Wie wird denn Griechenland geholfen, damit dieses Land auch wieder auf die Beine kommt, dass die Wirtschaft wieder angekurbelt wird?, die Antwort gegeben hat: Ja, es wird technischen Support aus den Mitgliedstaaten zur Grenzsicherung, zur Lösung der Flüchtlingsfragen, Privatisierungsunterstützungen und so weiter geben.

Ich sage Ihnen, das wird zu wenig sein, es wird ein Gesamtpaket geben müssen. Und vergessen Sie nicht, auch Österreich wurde geholfen. Ähnliches wird es für Griechen­land und unter Umständen auch für andere Länder geben müssen, um die Situation nicht zu verschlechtern. 18 Monate sind ins Land gezogen, die Situation ist nicht bes­ser, sondern schlimmer geworden, die Wirtschaft in Griechenland ist massiv eingebro­chen, ein Minus bei der Wirtschaftsleistung von 12 Prozent seit 2008. Klar ist, dass nicht ein Gipfel den anderen jagen kann, dass es Gipfel braucht, wo es eine klare Lö­sung gibt, eine klare Struktur, wie es weitergeht, und auch ein koordiniertes Investi­tionsprogramm.

Herr Bundeskanzler, nehmen Sie das bitte mit: Sorgen Sie dafür, dass die Diskussion in diesem Bereich vorangetrieben wird, dass es entsprechende Lösungsansätze gibt!


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