Herr Bundeskanzler, können Sie den Österreichern erklären, wieso man Ihnen jetzt etwas glauben soll, wenn Sie sich doch alle drei Monate widersprechen? – Vor drei Monaten haben Sie noch gesagt, ein Haircut, ein Schuldennachlass für Griechenland kommt überhaupt nicht in Frage. Das war am 26. Juni 2011. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) – Vor drei Monaten, am 26. Juni 2011: Haircut, Schuldennachlass für Griechenland kommt nicht in Frage. (Abg. Rädler: ... Haircut in Brüssel!)
Bei Bundesministerin Fekter war es das Gleiche: „Was ich nicht will, ist ein Haircut“, sagt sie am 14. Juli. „Das wäre schlagartig ein Schaden für die österreichischen Steuerzahler.“ – Sie kann übrigens heute nicht erklären ... (Bundesministerin Dr. Fekter: Gibt es auch nicht für die Kredite!) – Ah, das ist ja interessant, der Zwischenruf! Bitte noch einmal. Die Frau Bundesminister Fekter hat gesagt: Gibt es auch nicht für die Kredite. – Das ist jetzt doch bemerkenswert, denn wir werden das jetzt untersuchen. (Zwischenruf des Abg. Bucher.) Die Frau Bundesminister ist nämlich bemerkenswerterweise gestern Abend vor die Kamera getreten und hat wörtlich gesagt, sie kann endgültige Entwarnung geben. – Das habe ich selber gesehen. Endgültige Entwarnung kann sie geben, meine Damen und Herren! (Die Abgeordneten Mag. Stefan und Strache: Alternativlos!)
Dann untersuchen wir doch einmal, wie das wirklich ausschaut mit diesem Haircut und mit diesen entsprechenden Schuldennachlässen, die der private Sektor angeblich bringt. Ich zitiere Ziffer 12 aus dem offiziellen Dokument der Europäischen Union betreffend den Gipfel, und zwar die zentralen Sätze:
„Zu diesem Zweck“ – gemeint ist die Beteiligung des privaten Sektors – „ersuchen wir Griechenland“ – mit „wir“ ist der Rat gemeint –„, die privaten Investoren und alle beteiligten Parteien, einen freiwilligen Umtausch von Anleihen mit einem nominellen Abschlag von 50 % des Nennwerts der von privaten Investoren gehaltenen griechischen Staatsanleihen auszuarbeiten. Die dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten werden einen Beitrag von bis zu 30 Mrd. Euro zur Beteiligung des Privatsektors leisten. Auf dieser Grundlage ist der öffentliche Sektor bereit, bis 2014 eine zusätzliche Programmfinanzierung von bis zu 100 Mrd. Euro bereitzustellen“. (Abg. Bucher: Supergeschäft!)
Was heißt das, meine Damen und Herren? Der private Sektor geht also her und tauscht derzeitige Schrottanleihen, griechische Staatspapiere gegen neue Papiere mit einem nominellen 50-Prozent-Abschlag. Diese Papiere sind in Wirklichkeit weniger wert als diese 50 Prozent, denn wenn man sie derzeit verkaufen müsste, würde man wahrscheinlich keine 20 Prozent bekommen. Und wenn der griechische Staat pleitegeht – und er wird irgendwann pleitegehen –, dann bekommt man gar nichts mehr dafür. Jetzt aber bekommt man garantiert 50 Prozent dafür, meine Damen und Herren, und das zunächst mit 30 Milliarden Steuergeld der europäischen Steuerzahler und dann mit weiteren 100 Milliarden der europäischen Steuerzahler. (Abg. Kickl: Das ist organisierter Betrug! – Zwischenruf des Abg. Strache. – Abg. Ing. Westenthaler: Pyramidenspiel!)
Meine Damen und Herren! Das ist Ihre Beteiligung des privaten Sektors, Herr Bundeskanzler? Kollege Kogler, ich hätte mir auch erwartet, dass du gestern in deiner Pressekonferenz etwas kritischer mit diesen Sätzen umgehst. Und ich appelliere an die Journalisten, diesen Unsinn, diesen Bluff mit dem 50-Prozent-Schuldennachlass nicht zu glauben. Der ist nur nominal, meine Damen und Herren (Beifall bei BZÖ und FPÖ), aber doch nicht real!
Wenn Sie es mir schon nicht glauben, dann glauben Sie es doch wenigstens Gregor Gysi draußen in Deutschland! Der hat es wenigstens begriffen, meine Damen und Herren von den Grünen. Glauben Sie Ihrem Gesinnungsgenossen Gregor Gysi! Der
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite