Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 39

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Ich möchte jetzt zu einem Punkt kommen, den Herr Abgeordneter Westenthaler ange­schnitten hat, nämlich zur Anzeigepflicht. 1998 wurde die ärztliche Anzeigepflicht im Ärztegesetz in eine Ermächtigung für die Ärzteschaft umgewandelt. (Abg. Mag. Stad­ler: Eine Ermächtigung ist keine Pflicht!) Das heißt, eine Anzeige kann unterbleiben, nicht aber die Meldepflicht an die Jugendwohlfahrtsträger, und das ist, glaube ich, das Wichtigste. Im Ministerratsentwurf für eine zweite Gewaltschutzgesetznovelle war eben­falls wieder eine Erweiterung in Richtung der Anzeigepflicht vorgesehen, und auch bei der Diskussion der Vorlage zum Jugendwohlfahrtsgesetz-neu gab es dieses Ansinnen.

Die Begutachtungsverfahren haben jedoch gezeigt, dass in einem weit überwiegenden Teil der Stellungnahmen seitens der Expertinnen und Experten eine neuerliche Ver­schärfung der Anzeigepflicht strikt abgelehnt worden ist. Reden Sie mit den Expertin­nen und Experten, mit den Sozialarbeitern, mit den Kinder- und Jugendanwälten, dann werden Sie erfahren, dass diese meinen, eine Verschärfung der Anzeigepflicht sei eine für die Bevölkerung zwar plausibel zu erklärende populistische Maßnahme, letztendlich aber sicher nicht das geeignete Mittel, um Kindesmisshandlung zu erschweren oder zu verhindern!

Sozialarbeiter und Jugend- und Kinderanwälte setzen auf Vorsicht, auf Aufdeckung, die aber Zeit braucht, und vorrangig auf den Schutz für Kinder. Und das, glaube ich, ist das Wichtigste. Es wurde ja schon von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern behut­sam angesprochen, dass die Beweissicherung wichtig ist, denn ein Großteil der Delikte liegt leider im Familienbereich und wird bewusst nicht angezeigt, weil man Angst hat, den Vater, den Onkel oder wen auch immer in Probleme zu stürzen.

Opfer haben Angst vor der Auseinandersetzung. Das sagt auch – ich glaube, gestern im „Standard“ stand das – die Kriminologin Katharina Beclin. Wichtig in diesem Zusam­menhang ist die Prozessbegleitung, von der viel zu wenig gesprochen wird. Die Pro­zessbegleitung ist nicht nur im Verhandlungsstatus ein wichtiger Punkt, sondern könn­te, sollte und wird zum Teil auch schon im Vorfeld eingesetzt, beim ersten Verdacht so­zusagen.

In diesem Zusammenhang wurde dem Gesundheitsausschuss auch ein Entwurf be­züglich einer Möglichkeit, das Berufsgeheimnis der Ärzte zu durchbrechen, zugeleitet. Damit soll sozusagen auch der Problematik des „Spitalstourismus“ und des Kindermiss­brauchs begegnet werden.

Wenn wir darüber diskutieren, dann – das möchte ich schon sagen – soll das schon sehr behutsam vor sich gehen. Daher ist es mir wichtig, in Richtung des Kollegen Wes­tenthaler zu sagen: Wenn eine Kollegin aus unseren Reihen hier eventuell mit etwas schöneren Worten diese Thematik behutsam anspricht (Abg. Ing. Westenthaler: Die schönen Worte bei den Kinderschändern gehen mir schon auf die Nerven!), weil sie das auch aus Erfahrung anspricht, und Sie dann sagen, sie sei eine Hinterbänklerin, dann möchte ich bitten, darüber nachzudenken, was Sie sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Ich korrigiere: Sie ist eine Hinterleserin!)

Zusammengefasst: Für uns in der ÖVP mit Bundesministerin Beatrix Karl sind Op­ferschutz, Kinderschutz, das Wohl unserer Kinder das höchste Gut, und das wird auch in Zukunft so sein. Wir werden auch in Zukunft, wie wir das bis jetzt getan haben, Kin­der schützen und nicht Täter. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.08.12

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst: Frau Bundesministerin, Sie


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