Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 102

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einhalb Jahren einen Antrag in diese Richtung gestellt, der natürlich abgewiesen wur­de. Auch die FPÖ hat einige Male hier entsprechende Anträge eingebracht. Das heißt, wir haben Sie immer wieder daran gemahnt, dass wir eine Schuldenbremse in diesem Land brauchen. Und jetzt ist die Frage: Warum haben Sie so lange damit gewartet? Warum kommen Sie jetzt mit dieser Schuldenbremse?

Grundsätzlich ist die Schuldenbremse eine gute Sache, aber wenn man genauer hin­sieht, erkennt man, es geht schon wieder einmal um die Ratingagenturen. Die Rating­agenturen haben Ihnen die Rute ins Fenster gestellt und haben Ihnen gesagt, wenn Sie keine entsprechenden Maßnahmen ergreifen, wird das Triple A in Gefahr sein.

Jetzt wissen wir, dass eine Volkswirtschaft wie die unsere mit Schulden von in etwa 74 Prozent vom BIP schwer davon abhängig ist, niedrige Zinsen zu zahlen. Wir zahlen im Moment ungefähr 3,5 Prozent Zinsen, und mit dieser Zinslast ist es noch halbwegs erträglich, die 9 bis 10 Milliarden pro Jahr an Zinsen zu leisten. Das ist noch machbar. Wenn die Zinsen jetzt aber steigen, dann wird es für jeden Staat schwierig, nicht nur für Österreich. Auch Deutschland, auch Finnland, alle Länder hätten Probleme, wenn die Zinsen steigen. Hier rechnen wir mit 5 bis 7 Prozent als magischer Grenze, ab der es kritisch wird.

Deshalb haben Sie sich jetzt gedacht: Das ist eine gute Idee; die Ratingagenturen müssen besänftigt werden. Jetzt machen wir eine Schuldenbremse, und dann werden die Zinsen hoffentlich unten bleiben, wobei sie im Moment ja steigen. Sie steigen von 2,8 auf 3,5 Prozent. Offensichtlich sind Sie also nicht so erfolgreich damit.

Und warum? – Weil diese Schuldenbremse in Wahrheit ein Witz ist, ein riesengroßer Witz, über den ich aber leider nicht lachen kann, und zwar deshalb, weil Sie sich ver­pflichten, Gesamtschulden in Höhe von 60 Prozent des BIP zu machen. Aber entschul­digen Sie, haben wir uns nicht schon einmal dazu verpflichtet mit den Konvergenzkri­terien? Hatten wir das nicht schon? Sind wir nicht schon verpflichtet, maximal 60 Pro­zent an Gesamtschulden anzuhäufen? Jetzt kommen Sie daher und sagen: Nein, wir sind verpflichtet, das bis 2020 zu machen, bis 2020 machen wir das! Wir hätten das schon machen sollen, wir sind ja laufend verpflichtet, die Konvergenzkriterien für einen stabilen Euro einzuhalten, nur pfeift sich in den letzten Jahren keiner darum.

Es hat Zeiten gegeben, da hat es noch blaue Briefe gegeben, wenn sich Finanzminis­ter wie Sie nicht daran gehalten haben. Da hat die EU einen Brief geschrieben: Liebe Freunde, so geht das nicht! Aber mittlerweile ist es völlig uninteressant, diese 60 Pro­zent einzuhalten, die den Euro ja stabilisieren sollen. Und jetzt kommen Sie daher und sagen: Schuldenbremse, 2020, 60 Prozent. Das ist ein reiner Witz, und ich würde auch darüber lachen, wenn nicht die Menschen letztlich dafür zahlen würden.

Eine Kollegin von der SPÖ hat ja gefragt: Wo bleiben die Menschen? Ja, wo bleiben sie, wenn sie dann letztlich für Ihre Unzulänglichkeiten bezahlen müssen?

Wenn wir uns noch einmal dieses Triple A anschauen, das Sie da so verteidigen wol­len, indem Sie hier eine Schuldenbremse und Sonstiges in Aussicht stellen, sehen wir, das Problem ist ja nicht die Gesamtverschuldung – die ist auch hoch mit 74 Prozent, das gebe ich zu –, sondern wir haben ein Spezialproblem, das andere Länder wie zum Beispiel Deutschland nicht haben: Wir haben das Problem, dass unsere Banken im Umfang von 200 Milliarden ein Ost-Geschäft aufgebaut haben. Dieses Ost-Geschäft war natürlich in guten Zeiten ein großer Gewinn. Jetzt sind wir nicht mehr in guten Zei­ten, jetzt kommen die Probleme auf uns zu. Wenn man sich die Bilanzen der öster­reichischen Banken ansieht, dann sieht man, dass zwischen 10 und 40 Prozent der Ost-Kredite faule Kredite sind. Das heißt, dort werden zig Milliarden an Kosten auf uns zukommen.

 


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