Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 185

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wand (lt. BMVIT-Rahmenplan Steiermark) von 14,4 Mio. Euro (!) errichtet. Wozu, wenn dann ohnehin weniger Züge diese Strecke fahren? Dieser finanzielle Aufwand für ein­mal Ski-WM und einmal jährlich Nachtslalom ist aus Sicht der Steuerzahler mehr als hinterfragungswürdig.

Das Management und die Führungsspitze der ÖBB argumentiert die Einsparung von bestimmten Verkehrsverbindungen u.a. damit, dass etwa auf der Bahnstrecke Graz-Salzburg nur 32 Personen täglich fahren würden. Ein unhaltbares Argument aus Sicht der Benutzer, da die Bundesbahn Graz - Salzburg nicht Non Stop fährt, sondern in Le­oben, St.Michael, Selzthal usw. stehen bleibt, wo Reisende (Pendler) aus der Region aus- oder zusteigen. Auch die bisherigen Zweistundentaktverbindungen Wien-Villach-Wien mit Umstieg in Leoben Richtung Graz und Enntals werden dadurch obsolet. Die Wahrheit ist eine andere. Die Waggons sind in dieser Region gut bis sehr gut ausge­lastet, aber dies zählt für den Intercity-Verkehr und die Zählweise des ÖBB-Manage­ment scheinbar nicht.

Die eigentlichen Hintergründe dieser Vorgangsweise des ÖBB-Managements sind in Wirklichkeit durch die Liberalisierung des Bahnmarktes begründet.

Auf dem österreichischen Bahnnetz bringen sich private Anbieter für den Markteintritt in Position und machen der ÖBB Konkurrenz. Ab Dezember 2011 wird auf der West­bahnstrecke die „Westbahn Management GmbH“ einen Personenfernverkehr zwischen Salzburg und Wien anbieten. Damit tritt ein privater Anbieter just auf einer Strecke in den Markt ein, die bereits bis dato zur bestbedienten Strecke in Österreich zählt. Auf dieser Strecke gibt es trotz des dichten Fahrplanangebots der ÖBB offenbar noch et­was zu verdienen, zumindest im Wege des Verdrängungswettbewerbs über den Preis. Und das wirtschaftliche Risiko scheint auf

dieser Strecke gering zu sein. Dies erklärt auch, warum mit 26 Prozent nun die fran­zösische Staatsbahn SNCF beim Westbahnbetreiberunternehmen „Rail Holding AG“ eingestiegen ist. Leider zeigt dieser neue private Anbieter sein Können nicht auf der Strecke zwischen Salzburg und Graz oder Linz und Graz oder zwischen Innsbruck über den Pinzgau (Saalfelden, Zell am See, Taxenbach) und den Pongau (Schwar­zach, St. Johann, Bischofshofen) nach Salzburg/Graz und dann nach Wien. Denn of­fenbar gibt es auf diesen Strecken für die privaten Aktionäre nichts zu verdienen!

Schließlich müsse man sich von „unrentablen Zügen“ trennen - heißt es in der ÖBB hinter vorgehaltener Hand - um den privaten Anbietern im Wettbewerb Paroli bieten zu können. Für Sentimentalitäten wie die Versorgung der Regionen bzw. für Pendler Ver­kehrsleistungen zu erbringen, ist da kein Platz mehr. Notwendig ist scheinbar eine ge­füllte „Kriegskasse“, um mit einem privaten Anbieter auf der ohnehin bestversorgten Westbahn in eine Art „kannibalischen“ Wettbewerb treten zu können. So lautet offenbar die Devise. Das ist natürlich das genaue Gegenteil von Nachhaltigkeit, bedeutet Scha­den für Regionen und Nachteile für die ÖBB-Reisenden, insbesondere die Pendler.

Mit dieser Entwicklung zeigt die Bahnliberalisierung – noch bevor sie richtig begonnen hat – ihr wahres Gesicht.

Um diesen Teufelskreis der Liberalisierung zu durchbrechen, bedarf es dringend ver­bindlicher Regelungen zur Sicherung des Personenverkehrs in Österreich. Das abseh­bare Marktversagen zu Lasten der ländlichen Regionen muss im Keim verhindert wer­den. In Analogie zu einem anderen Dienst der Daseinsvorsorge - dem Postmarkt - braucht es daher auch für den Personenverkehr auf der Schiene verbindliche Regelun­gen für alle Anbieter, um das „Rosinenpicken“ bzw. ein „Marktversagen“ zu verhindern.

Man kann nicht den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) allein die Last der wenig rentablen bzw. unrentablen Bahnstrecken umhängen. Die neuen privaten Betreiber auf der Westbahn wollen übrigens am Pendlerverkehr kräftig mitnaschen und verlangen –


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