Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 276

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10.09.55

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Herr Minister! Zeitweise hatte ich heute bei Ihrer Stellungnahme, als ich mir Ihre Schilderung zur sozialen Lage in Österreich angehört habe, den Eindruck, dass ich zwar nicht im falschen Film, aber ein bisschen im falschen Land bin. (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Ich war dann relativ erleichtert, dass Sie zumindest am Schluss noch einmal darauf hingewiesen haben, dass Sie doch auch Problemfelder erkennen, dass Sie die Problemfelder im Bereich der Arbeitslosigkeit der Jungen und der Alten, aber auch der armen und der armutsgefährdeten Menschen in diesem Land sehen. Ich bin froh, dass Sie sozusagen am Schluss zumindest noch einmal die Kurve gekratzt haben. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Wenn Sie jetzt sagen, dass wir Probleme haben, und diese Probleme auch definieren, dann erkenne ich genau den Ansatz, wie Sie versuchen, diese Probleme auch in diesem Budget anzugehen. – Dazu muss ich sagen: Sie tun das leider längst nicht so, wie wir Grüne uns das wünschen würden! Denn Fakt ist: Die Zahl der Beschäftigten ist hoch, es ist aber eben auch die Zahl der Arbeitslosen hoch. Und wir hören in allen Wirtschaftsprognosen, dass diese Zahl weiter steigen wird.

Was finden wir in diesem Budget? – Die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik gehen um 2 Prozent zurück. Sie gehen zurück! Die Zahl der Arbeitslosen wird steigen, die Mittel, die der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen, gehen aber zurück. Das heißt: Eine größere Menge von arbeitslosen Menschen bekommt eine kleinere Menge an Beratung, Betreuung und Weiterbildungsmaßnahmen.

Wenn man das noch weiterrechnet, dann bedeutet das, dass für jeden Einzelnen weni­ger Geld da sein wird, um ihm eine Chance zu geben, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Schon jetzt haben Betreuer und Betreuerinnen beim Arbeitsmarkt­service nur sieben Minuten Zeit pro Arbeitslosem zur Verfügung, und diese Zeit wird aufgrund der budgetären Rahmenbedingungen weiter gekürzt werden müssen. Schon jetzt wird der Kursbesuch in der Regel nicht darauf abgestimmt, was die jeweilige Person in ihrer Situation wirklich braucht, sondern darauf, wo halt quasi noch ein Platz frei ist. Schon jetzt sind wirtschaftliche Kriterien leider meist ausschlaggebend. So etwas wie individuelle Förderungen, in deren Rahmen der Arbeitslose selbst sagen kann, dass er eine Fortbildung in diesem oder jenen Bereich machen möchte, die dann vom AMS finanziert wird, gibt es schon jetzt nicht mehr.

Meine Damen und Herren, wir Grüne sagen: Hier wird definitiv am falschen Platz gespart! (Beifall bei den Grünen.)

Immer wieder höre ich von Ihnen, Herr Minister, aber auch von anderen Vertretern Ihrer Partei, wie wichtig diese Qualifizierungen sind und wie wichtig es auch ist, Men­schen zu Schulabschlüssen zu verhelfen, wenn sie diese beim ersten Anlauf sozu­sagen im „normalen“ Alter nicht geschafft haben.

Aber was geschieht dann konkret? – Bisher war das Nachholen eines Hauptschul­ab­schlusses im Rahmen einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme möglich. Jetzt sagt der Herr Minister, dass er dafür nicht mehr zuständig ist, und das Ganze wandert zum Bildungsressort. Und was tut dann das Bildungsressort? – Das Bildungsressort schließt mit den Ländern eine Artikel-15a-Vereinbarung, gemäß welcher die Kosten für einen solchen Projektplatz, wo man einen Hauptschulabschluss nachholen kann, mit 6 600 € pro Kurs gedeckelt werden.

Wenn man mit Personen spricht, die solche Projekte anbieten, dass man einen Hauptschulabschluss machen kann, dann sagen sie einem, dass das Ganze bei guter


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