Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 309

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12.05.56

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Minister auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ja, das Gesundheits­budget ist halt so eine Sache, Herr Bundesminister. Im Gesundheitsbudget ist – war aber nicht anders zu erwarten – nur irgendein Geplänkel, genauso wie sich die Gesundheitspolitik der letzten Jahre hier zeigt.

Herr Bundesminister! Sie haben in der Gesundheitspolitik in Wahrheit nichts ange­griffen. Es gibt überhaupt nichts, was in Richtung einer Gesundheitsreform weisen würde. Wir haben nach wie vor Doppelgleisigkeiten, Mehrgleisigkeiten, wir haben ein Mehrklassensystem im Krankenhaus in der Behandlung. Sie wollen doch den Menschen draußen nicht wirklich weismachen, dass Sie die Zweiklassenmedizin abgeschafft haben. Das ist doch illusorisch! Nach wie vor werben doch auch die privaten Krankenversicherungen damit, dass Menschen früher operiert werden, wenn sie diesen Vertrag abschließen.

Was tun Sie denn da dagegen, Herr Bundesminister? – Gar nichts. Stattdessen schalten Sie Inserate: Ich habe die Zweiklassenmedizin abgeschafft. Herr Bundes­minister, das können Sie gar nicht! Es gibt keine Zweiklassenmedizin in Österreich, es gibt zumindest eine Drei- bis Vierklassenmedizin. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe Ihnen letzten Sonntag in der „Pressestunde“ natürlich sehr aufmerksam gelauscht, und da war schon zu erkennen, dass es in Österreich aus Ihrem Ressort keine Gesundheitspolitik gibt. Stattdessen verlegen Sie sich lieber auf irgendwelche Nebenschauplätze. So wollen Sie beispielsweise die Raucher jetzt ganz massiv bekämpfen. Da ist es Ihnen völlig egal, ob Rechtsschutz für Gastronomen gegeben ist, die erst vor wenigen Jahren umgebaut haben. Es ist also ein absolutes Chaos, das Sie in der Raucherpolitik anrichten.

Oder auch Ihr Lieblingshobby: der Nationale Ernährungsplan. Sie haben in Wahrheit überhaupt nichts Neues gemacht, sondern Sie haben die Ernährungspyramide genom­men, haben unten den Apfelsaft mit dem Mineralwasser vertauscht und sagen: Das ist jetzt meine neue Pyramide – ich schicke jetzt die Berater zu den Schulbuffets, und dann werden alle Kinder in Österreich plötzlich nur mehr gesund ernährt werden!

Herr Bundesminister, da müssen Sie sich schon ein bisschen mehr einfallen lassen. Es gibt nach wie vor Schulbuffets, wo es überhaupt keine gesunde Ernährung gibt, wo es die Leberkäsesemmel im Austausch mit der Schokolade gibt. Das sind in der Realität die Schulbuffets, wo der Coca-Cola-Automat steht und außer Softdrinks überhaupt nichts mehr für die Kinder zur Verfügung steht. Und da reden Sie großartig davon, was Sie geleistet haben im Bereich Ernährung, und Sie werden die Menschen gesünder machen. Dabei haben wir Statistiken, wonach Altersdiabetes jetzt auch schon zehn­jährige Kinder haben. Was tun Sie hier? – Genau nichts tun Sie! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Riepl: Sagen Sie bitte einmal ein bisschen etwas Gutes auch!)

Sie machen irgendwelche Hochglanzbroschüren, bilden irgendwelche Arbeitskreise, Sie binden eine Unzahl von Beamten in Ihrem Haus, die irgendwelche Ernährungs­pläne ausarbeiten sollen, anstatt die wahren Probleme in dieser Republik anzugehen, Herr Bundesminister. Insgesamt kann man sagen, in diesem Ressort, das Sie leiten, gibt es ein finanzielles und organisatorisches Desaster.

Oder das, was Sie jetzt ganz neu gebracht haben, so unter dem Deckmäntelchen: Sie wollen die unter 14-jährigen Kinder vor Schönheitsoperationen schützen: In Wahrheit betätigen Sie sich – das erkennt man, wenn man sich das genau anschaut, was Sie da wollen – jetzt als Lobbyist für irgendwelche finanziellen Teilinteressen einzelner Ärzte­gruppen und versuchen, verschiedene Ärztegruppen gegeneinander auszu­spielen.


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