Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 322

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In den Krankenanstalten der Stadt Wien wurde ein richtiger Kampf entfacht, der zu einem Erfolg der Belegschaft geführt hat. Das muss man auch positiv anerkennen: Sie haben eingesehen, dass es nicht funktioniert, in dieser Art und Weise zu sparen. Im Allgemeinen Krankenhaus – wofür sich keiner von den Herren und Damen Ministern zuständig fühlt – tobt dieser Kampf gerade vollends auf; wir werden sehen, wie er ausgeht. Wir können nur hoffen, dass die Entwicklung auch hier in eine positive Richtung geht.

Sparen muss in Zeiten wie diesen offensichtlich sein. Aber meiner Meinung nach bewirken falsche Einsparungen eine Gefährdung der Qualität im Gesundheitsbereich, und falsche Sparmaßnahmen führen zu sozialen Rückschritten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte Ihnen hier einen Fall, einen besonders dramatischen Fall schildern. Nach einem ärztlichen Kunstfehler sitzt eine Dame, die Sie alle kennen – eine Rollstuhl­fahrerin, die auch einmal hier im Parlament anwesend war, eine junge Mutter –, im Rollstuhl und benötigt Schmerzmittel in hoher Dosierung. Der diesbezügliche vier­jährige Verfahrensmarathon endet mit einem Vergleich, an dem – das muss ich auch anerkennen – Frau Kollegin Oberhauser positiv mitgewirkt hat. (Demonstrativer Beifall des Abg. Spindelberger.)

Sie ist nun seit Jahren auf ein für sie gut verträgliches Schmerzmittel eingestellt, das sich Oxytocin nennt. Dieses Medikament wurde allerdings mit 1. Oktober 2011 aus dem Erstattungskodex gestrichen. Daher wurde ein Antrag auf Bewilligung gestellt; hier wurde einerseits auf die schlechte Verträglichkeit der Ersatzmedikamente und ander­seits auf die gesamte Krankengeschichte hingewiesen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Nach telefonischer Rückfrage bei der zuständigen Stelle der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse wurde zusätzlich die Behauptung aufgestellt, dass das Medi­kament in Kürze nicht mehr produziert und daher nicht mehr erhältlich sein wird. Mit diesem Umstand muss sich die Patientin abfinden, so die Auskunft. – Laut Angaben der Herstellerfirma stimmt das allerdings in keiner Weise!

Die Frage, die sich hier stellt, Herr Bundesminister, lautet: Ist der Kostendruck bei den Kassen mittlerweile so hoch, dass man dieser Patientin ihr gewohntes und gut ver­trägliches Medikament verweigert? Sind die zirka 80 € pro Packung – das braucht sie in der Woche, und das zahlte sie selber – wichtiger als die Lebensqualität der Patien­tin? Und ist es mittlerweile notwendig geworden, mit falschen Behauptungen über die Verfügbarkeit Patienten zu billigen Medikamenten zu drängen? – Ich meine, hier liegt ein klassisches Beispiel dafür vor, was es bedeutet, am falschen Platz einzusparen.

Ein letztes Wort noch zu ELGA: Über ELGA haben wir einiges schon gehört. Warum wir Ärzte so gegen ELGA sind, ist, dass es erstens einmal eine Opting-out-Lösung gibt und diese Opting-out-Lösung in der letzten Konsequenz bedeutet, dass der Arzt in keiner Weise die Daten hätte, die er braucht, um rechtskonform arbeiten zu können. Das heißt, es ändert sich gegenüber dem jetzigen Zustand de facto kaum etwas. Ich muss als Arzt nur die doppelte Arbeit erbringen, indem ich den Patienten natürlich noch einmal befrage, weil ich nicht darauf vertrauen kann, dass das, was mir hier zur Verfügung gestellt wird, auch hundertprozentig verlässlich ist. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist der leidige Datenschutz. Es sind ja in der letzten Zeit die schlimmsten Befürchtungen in puncto Datenschutz Wahrheit geworden. Denken wir nur an die Tiroler Gebietskrankenkasse: Da sind – sogar legal, könnte man fast sagen – 600 000 Daten aus der Hand der Gebietskrankenkasse gekommen. (Abg. Strache: Auch die GIS-Daten sind gehackt worden! Auch Polizeidaten!) Diese sind hier tatsächlich schlicht und einfach abgeführt worden.

 


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