Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 36

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Aus einer früher einmal proeuropäischen FPÖ ist eine leider Gottes ziemlich anti­europäische geworden, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Kickl: Aber wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht!)

Natürlich war es eine Richtungsentscheidung, die vor einigen Tagen am EU-Gipfel vor sich gegangen ist – es war eine Richtungsentscheidung in Richtung Fiskal-, heißt Haushalts- und Stabilitätsunion. Es war also, Frau Glawischnig, kein gewöhnlicher dieser 22 EU-Gipfel, sondern schon ein ganz besonderer.

Karlheinz Kopf, du hast es völlig richtig gesagt: Unter anderem geht es darum, Konstruktionsfehler der Eurozone zu beheben. Die Reparatur ist mühevoll, aber was hilft es? Wir müssen das tun, es gibt keine Alternative. Und natürlich wäre es vernünftiger, im Übrigen auch für die Engländer, wenn sie sich hier nicht einmal mehr in ihre Splendid Isolation begeben würden. Ein Europa der 27 ist besser als ein Europa der 26.

Dieses „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ oder auch „drei Geschwindigkeiten“ ist für uns natürlich kein Wunschszenarium. Aber wenn alle Bemühungen scheitern, dann gibt es keine Vertragsänderung, zumindest vorläufig nicht, dann gibt es einen Vertrag der Eurozone-Länder. Dann muss es eben ohne England gehen, aber dieser Weg ist zu gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wenn am Schluss, bis März etwa, ein Provisorium herauskommt, dann wissen wir Österreicher: Provisorien sind etwas, was manchmal recht lange hält, und Provisorien sind etwas, was man schon einmal eingehen muss. In meinem Sinne und in unserem Sinne ist das Glas im Moment wohl nicht halb leer, sondern zumindest schon halb voll, was die Bewältigung der Krise anbelangt.

Sehr gut zugehört habe ich dem Herrn Bundeskanzler – er ist im Moment nicht da –, der von der Feuerwehr sprach. Da gebe ich ihm zum Teil recht: Wenn es um den EFSF, um den Rettungsschirm, geht, wenn es um den Schuldenschnitt für die Griechen geht, wenn es um die Rekapitalisierung der Banken geht, ja, das ist Feuerwehr. Das aber, was jetzt die europäischen Staats- und Regierungschefs, jedenfalls der Eurozone, für sich beschlossen haben, das ist wohl eher Brandverhütung denn Feuerwehr. Da geht es darum, dass wir uns selbst in einem europäischen Rechtsrahmen zur Haushaltsdisziplin verpflichten, was in dieser Größenordnung und in dieser Diktion bisher nicht da war.

Es wurde schon gesagt: Maastricht-Regeln gab es. Die Ersten, die sie nachhaltig gebrochen haben, waren leider zwei große Länder, namentlich Frankreich und Deutschland. Aber das soll und wird in Zukunft besser werden.

So gesehen ist die Schuldenbremse ein Synonym für den Brandschutz zur Bewäl­tigung und zur Vorbeugung vergleichbarer Krisen, zur Absicherung letztlich der Finan­zierbarkeit unserer Staaten, denn darum geht es letzten Endes: dass sich Österreich und andere auch in Zukunft zu vernünftigen Bedingungen auf den Finanzmärkten finanzieren können.

Josef Cap, Sie haben vor ein paar Tagen im EU-Hauptausschuss gesagt, man soll sich nicht permanent von den Märkten dominieren lassen. Ich lese dann in der Zeitung, das erste Blatt, das der Herr Bundeskanzler in der Früh am Schreibtisch hat, ist das Blatt mit den Spreads, also: Wie viel zahlen die Österreicher mehr für die Zinsen als die Deutschen? – Da ist es in den letzten Wochen schon zu einer gewissen Verbesserung gekommen. Wir haben hier schon an einem Tag diskutiert, an dem wir 1,8 Prozent mehr Zinsen zu zahlen hatten als die Deutschen, mittlerweile sind es nur noch 1,2 Prozent mehr. Und das ist, wie gesagt, ein eindeutiges Zeichen.

 


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