Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll140. Sitzung / Seite 89

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11.40.02

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, diese Aktuelle Stunde – und ich zitiere noch einmal den Titel, denn ich glaube, dieser ist in der jetzigen Debatte ein bisschen verloren gegangen: „Was bedeutet die derzeitige Schuldenkrise für die Zukunft Euro­pas?“ – ist von Ihrer Partei initiiert worden. Ich habe mir eigentlich gedacht, dass Sie und Ihre Fraktion daher auch die Gelegenheit wahrnehmen, um über die Zukunft der Europäischen Union und über die Linie, die Sie haben, die vielleicht auch die öster­reichische Bundesregierung hat in dieser Zukunftsfrage der Europäischen Union, heute mit uns zu debattieren.

Ich habe wenig darüber gehört. Herr Klubobmann Kopf hat gesagt, ja, es sind Fehler gemacht worden in der Vergangenheit, die Eurozone hätte nie so sein dürfen, wie sie ist. Aber gleichzeitig macht er denselben Fehler wieder, nämlich dass er jeden, der heute an der Situation der jetzigen Europäischen Union Kritik übt und eine grund­sätzliche Neuordnung dieser Union fordert, als Anti-Europäer, als – wie hat er gesagt? – engstirnig und als schädlich für Europa darstellt. Ich glaube daher, das sollte zumindest einmal eine Erkenntnis sein: Nicht jene, die im Sinne Europas Kritik an Fehlern und an Problemen üben, sind die, die dem Europagedanken schaden, sondern es sind jene Euphoriker, die jede Kritik zurückschieben und nur Bürokratien und jenen Strukturen, die derzeit vorhanden sind, das Wort reden. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das muss man doch endlich einmal erkennen, dass diese Placebo-Politik der Europäischen Union – und da sind in Wahrheit alle 27 mit in der Ver­antwortung, auch Österreich – nichts gebracht hat. Ich höre immer wieder die Beispiele, wo argumentiert wird: Wo ein Feuer ist, muss man löschen! – Ja, aber man muss auch die Brandstifter endlich einmal lokalisieren und festmachen, die immer wieder das Feuer entfachen, das mit Milliarden an Steuergeldern der europäischen und der österreichischen Staatsbürger gelöscht wird.

Wenn ich nur die heute vorliegenden Zahlen ansehe, nachdem es immer wieder um Griechenland geht und ein Rettungsschirm nach dem anderen, ein Maßnahmenpaket nach dem anderen geschnürt wird, um Griechenland zu retten: Was ist das Resultat? – Die jüngsten Zahlen, Herr Bundesminister: Die Zinsen für Griechen-Bonds, einjährige Griechen-Bonds, also Staatsanleihen: 400 Prozent, meine Damen und Herren, für einjährige Staatsanleihen! 400 Prozent werden verlangt! Und für zehnjährige Staats­anleihen fast 35 Prozent. 35 Prozent! Kein Staat der Welt könnte solche Zinsen be­dienen, schon gar nicht Griechenland, dessen Wirtschaft darniederliegt. Sind das die Ergebnisse von drei Jahren Krisenpolitik der Europäischen Union für eine kleine Volkswirtschaft, wie es Griechenland ist?

Da kann man wahrlich nicht von Erfolg sprechen, sondern man muss sagen, diese Krisenpolitik der Europäischen Union ist eine einzige Krise, und wir müssen endlich neue Wege gehen, um die Krise wirklich zu bewältigen, und nicht immer die Augen vor den Tatsachen verschließen. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister, Sie haben viele Punkte angesprochen. Wie sieht es aus mit den Ratingagenturen? Was ist mit der Europäischen Ratingagentur, die so oft diskutiert wird? Was ist mit der Kontrolle der Finanzmärkte, wo sich London beziehungsweise Großbritannien so sehr dagegenstemmt, weil man dort gute Geschäfte mit diesen Finanztransaktionen macht? Was ist mit der Finanztransaktionssteuer? Da waren wir alle einstimmig dafür. Was ist auf der europäischen Ebene passiert? Wo sind die Koalitionen gerade der kleineren und mittleren Länder, vielleicht unter der Führung Österreichs, um hier Druck zu machen?

 


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