Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll140. Sitzung / Seite 134

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einan­derzusetzen, dass wir historische Wahrheiten nicht mehr nicht anerkennen wol­len. Das heißt, wir sind letztlich reifer geworden, und es ist daher möglich, dass wir all jenen, die zwischen 6. März 1933 und 12. März 1938 Opfer gebracht haben, sich eingesetzt haben, danken und gemeinsam auch ausdrücklich Anerkennung zollen.

Wenn es jetzt um Dank geht, dann möchte ich mich dem natürlich vollinhaltlich anschließen. Es sind Personen wie Prammer und Neugebauer, die die Verhandlungen geführt haben, Kollege Steinhauser, der sehr dazu beigetragen hat, aber auch Herr Professor Rathkolb, Ernst Nedwed und viele, viele andere – es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Damit ist es eigentlich gelungen, Anerkennung zu zeigen, die Rehabilitierung zu beschließen, die notwendig ist, um den letzten Überlebenden, die es noch gibt, die Reverenz zu erweisen, aber auch grundsätzlich historisch außer Streit zu stellen, dass es sich hierbei um richtige Maßnahmen gehandelt hat. Daher sind gerade für die Sozialdemokratie Namen wie Münichreiter, Weissel, Wallisch nicht nur Begriffe, die mit dem damaligen historischen Kontext in Zusammenhang zu bringen sind, sondern diese Personen sind aufgrund ihres unbeirrbaren Eintretens für die Demokratie, für den Rechtsstaat, für den Glauben daran nach wie vor Vorbilder.

Ich danke daher nochmals allen für diesen Akt demokratiepolitischer Reife, dass wir hier ein Stück Geschichte, das bis vor Kurzem noch sehr umstritten war, in einer Art und Weise gelöst haben, die unseres Landes würdig ist. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.08

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. 3 Minuten sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


14.08.10

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wenn sozusagen eine Feierstunde angesagt worden ist, dann wollen wir das Fest nicht verderben. Trotz sehr kritischer Haltung, die wir im Justizausschuss aus guten Gründen zum Ausdruck gebracht haben, finden wir, dass das Gesetz besser Versöhnungsgesetz anstelle von Rehabilitierungsgesetz hieße, weil es natürlich einige Anmerkungen zu machen gibt.

In der Begründung und unter wörtlicher Übernahme des Opferfürsorgegesetzes in den Gesetzestext wird natürlich die Geschichte geklittert. Zum Teil waren ja die Kampf­handlungen, die ab 12. Februar 1934 anlässlich der Waffensuche der Exekutive bei den Kräften des sozialdemokratischen Schutzbundes im Hotel Schiff in Linz begonnen haben und bei denen Bernaschek gegen die Weisungen der sozialdemokratischen Parteiführung gehandelt hat, kein Kampf für Demokratie.

Oder vielleicht waren sie das doch? Dann muss man aber den demokratischen Kampfbegriff sehr strapazieren, kein Problem. Darüber könnte man sehr gründlich debattieren: Ab welchem Zeitpunkt in der Phase der Unterdrückung, die zweifellos bestanden hat – keine Debatte –, beginnt die Berechtigung, gegen die Tyrannei die Waffe zu erheben? Sehr problematisch – sehr problematisch!

Jedenfalls wurden beim letzten Parteitag der Sozialdemokratie im Oktober 1933 in Ottakring über Vermittlung der auf Nichtkonfrontation gerichteten Kräfte der Sozial­demokratie – namentlich Körner hat sich dafür ausgesprochen – drei Bedingungen als Voraussetzung dafür genannt, den bewaffneten Kampf aufzunehmen: Erstens bei Verbot, Zwangsauflösung der Sozialdemokratie – das war nicht der Fall; zweitens bei Zwangsauflösung der Gewerkschaften – das war nicht der Fall; drittens bei Zwangs­auflösung der sozialdemokratischen Wiener Landesregierung – das war nicht der Fall.


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