Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll140. Sitzung / Seite 136

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erinnern. Kollege Fichtenbauer! Es ist keine Geschichtsklitterung, was wir hier betrei­ben, nein, es ist Aufarbeitung.

Es ist insofern ein historisches Gesetz, als endlich in Österreich eine gewisse Nor­malität einsetzt, was die Betrachtung des Hohes Hauses und in diesem Fall – überraschenderweise stimmt ja auch die Freiheitliche Partei zu, im Ausschuss war das noch nicht der Fall –, was die Betrachtung der Zeit von 1933 bis 1938 anlangt.

Erstmals legen wir fest, dass es Unrecht war, was damals geschehen ist, erstmals ist diese Unrechts-Klausel mit drin. Erstmals sprechen wir jenen Achtung aus, die die Demokratie verteidigt haben, und zwar sehr wohl auch im Februar 1934. Sehr wohl ging es darum, republikanische Grundsätze, demokratische Grundsätze zu erhalten, denn was, wenn nicht Widerstand, ist angesagt, wenn mit Polizei und Bundesheer das Parlament abgesperrt und verhindert wird, dass reguläre Sitzungen stattfinden können? Wann, wenn nicht zu einem solchen Zeitpunkt, ist Widerstand angesagt? Und natürlich war dieser Widerstand legitim – das ist für uns überhaupt keine Frage. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich halte auch die Anbindung an das Opferfürsorgegesetz durchaus für praktikabel. Bei aller Kritik, die wir – durchaus gemeinsam – an diesem Gesetz üben können: Die grundsätzliche Einteilung, die damals getroffen worden ist, war eine praktikable, denn wichtig – und das ist der zentrale Punkt heute – ist es, dass wir jenen Anerkennung aussprechen, die eben für dieses unabhängige und demokratische Österreich einge­treten sind. Das war eine bewusste Entscheidung. Die Nationalsozialisten sind hier natürlich nicht mit dabei, und daher war diese Entscheidung natürlich auch alternativlos.

Der Begriff Faschismus taucht nicht auf. Wir hätten uns das gewünscht. Das hätte für mehr Klarheit gesorgt. Wir hätten hier durchaus an große Politiker der Nachkriegszeit – wie Leopold Figl – anknüpfen können, die diesen Begriff sehr wohl verwendet haben. Wir hätten auch an Gesetze anknüpfen können. Ich denke etwa an die Befreiungsamnestie, in der dieser Begriff sehr wohl vorkommt. Die Inhalte passen aber, und daher war es für uns keine Frage, dass wir dem zustimmen werden, um dieses Tabuthema endlich einer Lösung zuführen zu können, denn seit 1945 hat es in diesem Hohen Haus zwar keine reelle Auseinandersetzung, aber immer wieder spontane Konflikte um genau diese Frage gegeben.

Als Bundeskanzler Faymann im Februar 2009 meinte, es gäbe keinen Handlungs­bedarf, und das darauf bezog, dass er immer wieder mit Historikern rede, war für uns klar: Wir müssen handeln. Kollege Steinhauser und ich haben daraufhin einen Brief an Historikerinnen und Historiker dieses Landes verfasst – einige sind ja auch da –, was dazu geführt hat, dass es dann zwar doch drei Jahre gedauert hat, aber immerhin zu einem Ergebnis gekommen ist, auf das wir durchaus stolz sein können, wie ich glaube.

Ich erinnere daran, dass etwa Menschen wie Fritz Probst Widerstand geleistet haben und durchaus noch Menschen leben, die betroffen sind. Ich erinnere daran, dass die Kinder und Enkel dieser Menschen auch betroffen sind.

Ich möchte noch jemandem danken, der noch nicht erwähnt worden ist: Staatssekretär Ostermayer. Er hat zu einem sehr kritischen Zeitpunkt eingegriffen und einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass wir heute ein positives Ergebnis vorweisen können.

Ich glaube, dieses Gesetz ist tauglich. Es ist ein gegenwartstauglicher Blick auf die Vergangenheit. Präsident Neugebauer hat das zu Recht erwähnt. Herr Präsident! Wir bräuchten jetzt vielleicht auch noch den Elan für ein zukunftstaugliches Gesetz.

 


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