Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll140. Sitzung / Seite 138

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historischen Fakten genau anzusehen. Hier ist sichergestellt, dass diejenigen, die gemeint sind, auch wirklich zum Zug kommen. Und deswegen finden wir, es ist eine gute Lösung. Wir haben auch schon im Justizausschuss zugestimmt, weil wir von der guten Sache überzeugt sind, und wir werden natürlich auch heute diesem Gesetz gerne zustimmen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet ist Frau Präsidentin Mag. Prammer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.24.29

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Äußerst selten nehme ich mein Recht wahr, auch vom RednerInnenpult aus zu sprechen (Abg. Strache: Schade!), aber die heutige Diskussion um dieses Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetz ist für mich schon eine Situation, die das unbedingt verlangt.

Ich möchte Ihnen zunächst einmal nahebringen, was denn meine persönlichen Beweggründe sind, zu diesem Gesetz zu sprechen. Ich habe da nämlich ganz persönliche Beweggründe. Viele von Ihnen wissen, dass ich aus der Gemeinde Ottnang am Hausruck stamme. In Ottnang am Hausruck gibt es die Ortschaft Holz­leithen. Holzleithen und der 13. Februar 1934, in dem Fall nicht der 12., werden immer untrennbar miteinander verbunden bleiben. Daher haben genau diese Ereignisse im Februar 1934 meine Familie geprägt, sie prägen sie bis heute, und sie haben – das habe ich miterlebt als Mädchen, als junge Frau – einen tiefen Spalt in der Gesellschaft dieser Gemeinde erzeugt, der lange nicht überwunden wurde.

Ich erinnere mich daher mit besonderer Genugtuung an jene Zeit – es liegt einige wenige Jahre zurück –, als ein kleiner Kulturverein in meiner Heimatgemeinde Ottnang begonnen hat, ein riesengroßes Theaterprojekt zu initiieren. Franzobel hat es ge­schrieben; Schmiedleitner hat es inszeniert. Mehr als 100 freiwillige, ehrenamtliche LaiendarstellerInnen haben mitgespielt, neben sehr prominenten Darstellern, und die Vorbereitung auf dieses Theaterstück, „Hunt oder der totale Februar“ hat es geheißen, hat unglaublich viel dazu beigetragen, dass endlich begonnen werden konnte, in dieser geschichtlich sehr geprägten Gemeinde darüber zu reden, auch in den Familien darüber zu reden. Und wenn ich mir allein diese Situation vor Augen führe, dann weiß ich, dass die geschichtliche Aufarbeitung dieser Zeit noch lange nicht abgeschlossen sein wird.

Das, was wir heute tun und tun können, ist, ein Gesetz zu beschließen, das uns hilft bei dieser Aufarbeitung: gesetzlich, historisch und politisch, wenn man so will. Und so verstehe ich auch dieses Gesetz. Ich möchte daher in meinem Redebeitrag die Gelegenheit nutzen, ein wenig auf die Opfergruppen zu sprechen zu kommen.

Im engeren Sinn werden ja die Urteile der Politjustiz aufgehoben und ihre Opfer rehabilitiert. Wer sind diese Opfer? – Die Opfer sind zunächst einmal die Menschen, die unmittelbar nach den Februarkämpfen in diesen 140 Standgerichten standen. Mehrere Dutzend Menschen wurden hingerichtet oder zum Tode verurteilt, neun davon wurden unmittelbar hingerichtet. Ich erinnere daher heute ganz explizit an Nationalrat Koloman Wallisch aus Bruck an der Mur, an den Linzer Arbeiter Anton Bulgari, an den Wiener Schuster Karl Münichreiter, an den Floridsdorfer Feuerwehrkommandanten Georg Weissel, an den Bauschlosser Josef Ahrer aus Steyr, an den Wiener Schutz­bundführer Emil Svoboda, an den Grazer Metallarbeitergewerkschafter Josef Stanek, an den Rohrbacher Schutzbundkommandanten Johann Hois und seine Männer sowie an Viktor Rauchenberger.

 


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