Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll140. Sitzung / Seite 139

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Ich denke natürlich auch bei diesem Gesetz an jene Personen, die in den Folge­monaten von den Sondergerichten zu Tode verurteilt wurden, auch hingerichtet wurden. Das prominenteste Beispiel, das wir alle vor Augen haben, ist der arbeitslose Wiener Jugendliche Josef Gerl – eine eigene Geschichte.

Jene Personen, die im Verfahren in der ordentlichen Strafjustiz in den Folgejahren abgeurteilt wurden, sind ebenfalls von diesem Gesetz erfasst. Ich erinnere an den Wiener Schutzbund-Prozess von 1935 und den großen Sozialisten-Prozess 1936. Gerade aus diesem Prozess gibt es sehr prominente Abgeurteilte: Maria Emhart, Bruno Kreisky, Anton Proksch. Und gerade in dieser Kategorie – das sagen uns ja auch die Historikerinnen und Historiker – ist noch sehr viel Aufarbeitung notwendig.

Wir werden mit diesem Gesetz auch den Unrechtscharakter diverser Verfolgungs­maß­nahmen definieren und dies zum Ausdruck bringen. Das alles ist natürlich ganz besonders gekennzeichnet von den Ereignissen in der Zeit vom 12. bis 19. Februar 1934.

Ich habe es schon angesprochen, ich komme aus der Gemeinde Ottnang, Holzleithen ist ein Teil davon. Was ist in Holzleithen am 13. Februar 1934 passiert?  Es gab Aus­einandersetzungen, die Schutzbundmitglieder sind geflohen. Im Übrigen ist der Anfüh­rer dieser Schutzbundgruppe ebenfalls umgekommen, er ist sozusagen mitten in das Maschinengewehrfeuer gelaufen. Aber was ist in Holzleithen ganz konkret passiert? – Es ist das Arbeiterheim von der Heimwehr, auch vom Militär besetzt worden, okkupiert, überrannt worden. Wer hat sich darin befunden? – Sechs Sanitäter, unbewaffnete Sanitäter, sechs Männer. Und es wurde nicht lange darüber nachgedacht, was getan wird, sondern sie wurden alle sechs auf die Bühne des Arbeiterheims, die war schon dekoriert für ein Faschingsfest, gestellt und standrechtlich erschossen. Vier davon sind umgekommen, zwei haben überlebt.

Diese sechs Namen sind: Andreas Kropatschek, Franz Holzinger, Josef Schmidt, Anton Zarybnicky. Das sind die vier Toten. Die zwei Überlebenden sind Josef Zarybnicky und Josef Hamminger. Josef Zarybnicky ist sehr alt geworden. Ich hatte die Freude und die Ehre, ihn gut gekannt zu haben.

Ich denke, dass es viele Anläufe für dieses Gesetz gebraucht hat, dass es lange nicht möglich war, aber dass wir jetzt zu einem guten – vorläufigen, würde ich sagen – Ende gekommen sind. Mit diesem Gesetz ist es möglich, den Unrechtscharakter klar zu definieren, zu rehabilitieren und auch die Achtung und Anerkennung auszusprechen.

Ich möchte mich abschließend auch sehr, sehr herzlich beim Kollegen Neugebauer bedanken, der – ich darf das an dieser Stelle schon so sagen – auch viel Mut beses­sen hat. Ich bedanke mich ausdrücklich beim Kollegen Steinhauser, der immer wieder das Bindeglied auch zu den Grünen war, und bei allen, die darüber hinaus dazu beigetragen haben, dass es zu diesem Gesetzentwurf und – ich kann davon aus­gehen – auch zu diesem Gesetzesbeschluss kommen kann. Es geht darum, Men­schen, denen in dieser Zeit Unrecht widerfahren ist, die sogar ihr Leben verloren haben, nachträglich und zweifellos sehr spät Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ.)

14.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Steinhauser. 7 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.32.59

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Als vor zweieinhalb Jahren dieses Haus das Rehabilitierungsgesetz zu den Wehr­machtsdesserteuren beschlossen hat, war für uns immer klar, dass es noch ein Kapitel


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