Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll140. Sitzung / Seite 142

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kerInnen und der Zeitgeschichtler erst beginnen wird. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

14.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 4 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.41.17

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich eingangs auch bei allen bedanken, die mitgewirkt haben, die sich dann später entschlossen haben und die sich vielleicht auch noch zuletzt durchringen, hier mitzustimmen, um einen, so hoffe ich, einstimmigen Gesetzes­be­schluss zustande zu bringen.

Ich möchte aus sozialdemokratischer Sicht – anschließend bei der hochgeschätzten Frau Präsidentin und beim Kollegen Steinhauser – das Schicksal von Koloman Wallisch noch einmal in Erinnerung rufen, des sozialdemokratischen Parteisekretärs, der am 12. Februar 1934 von Graz nach Bruck gefahren ist, um seinen Gesinnungs­freunden zur Seite zu stehen. Es sind dann 5 000 Schilling Kopfgeld ausgesetzt worden. Er musste flüchten, wurde am 18. Februar 1934 auf der Flucht von Leoben nach Admont gefangengenommen, standrechtlich verurteilt und dann am nächsten Tag, am 19. Februar 1934, am Würgegalgen hingerichtet.

Was waren die Verbrechen des Koloman Wallisch: Dass er Gemeinderat war in Bruck an der Mur? Dass er steirischer Landesparteisekretär war? Dass er hier in diesem Haus Nationalratsabgeordneter war? Dass er sich eingesetzt hat gegen Faschismus, gegen Diktatur, eingesetzt für die Demokratie, für ein freies Österreich?

Bertolt Brecht bringt es in der berühmten „Koloman Wallisch Kantate“ auf den Punkt:

„Im Februar ’34 / Der Menschlichkeit zum Hohn / Hängten sie den Kämpfer / Gegen Hunger und Fron / Koloman Wallisch / Zimmermannssohn.“

Koloman Wallisch hat nicht nur Eingang in die Weltliteratur gefunden, sondern wird auch in seiner engeren Heimat sehr verehrt. Es gibt einen Koloman-Wallisch-Platz in Leoben, in Kapfenberg, in Bruck, und auch hier im Parlament, beim Tor 4, beim Ein­gang der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion, gibt es ein steinernes Relief, das an Koloman Wallisch erinnert.

Diese Rehabilitierung hat also eine überragende Bedeutung für die österreichische Sozialdemokratie, da Hunderte Personen davon umfasst sind, davon allein 140 Opfer von Sonder- und Standgerichten.

Meine Damen und Herren, ganz ehrlich: Dem Erstentwurf, der im Herbst vorgelegen ist, hätte ich nicht zustimmen können. Darin war der Begriff „Unrecht“ noch nicht defi­niert, was ja jetzt geschieht. Somit ist klar, eindeutig und unmissverständlich: Es geht um Justizverbrechen eines totalitären Regimes mit den Voraussetzungen und Begleit­umständen der Ausschaltung des Parlaments, es geht um Diktatur, Willkür, Unrecht, Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Daher ist es ein historischer Gesetzesbe­schluss, der ein wichtiger Baustein in der wechselvollen Geschichte unseres Landes ist.

Es sind damit jahrzehntelange Bemühungen der Sozialdemokratie erfolgreich. Der unermüdliche Einsatz der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer wird belohnt. Es ist ein bewegender Augenblick, ein großer Tag für die Sozialdemokratie. Ich darf im Namen der SPÖ allen danken, die sich daran beteiligt haben. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. Neugebauer.)

14.44

 


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