Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll140. Sitzung / Seite 154

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den Parteisekretariaten von SPÖ und ÖVP, wo die ersten zwei Male die SPÖ gewonnen hat, beim letzten Mal die ÖVP gewonnen hat und wo sich vor allem die Post gefreut hat, weil die Abstimmungsformulare gleich zu Tausenden aus den Partei­sekretariaten gefaxt worden sind. Das war die Form der sogenannten Unabhängigkeit durch den Publikumsrat.

Dieses Unternehmen ist zutiefst in den Entscheidungsfindungen von parteipolitischen Besetzungen geprägt gewesen. Es ist das nach wie vor, und es ist das ein Ver­schulden insbesondere der so lange in der Regierung befindlichen Parteien ÖVP und SPÖ, und es ist hoch an der Zeit zu sagen: Parteipolitik raus aus dem ORF – echte Unabhängigkeit rein! (Beifall bei den Grünen.)

An sich wäre es ja so, dass der Generaldirektor/die Generaldirektorin nach seiner/ihrer Wahl relativ freie Handhabe hätte. Es wird extra gewählt: Zunächst wird der General­direktor gewählt, welcher dann das alleinige Vorschlagsrecht für die Bestellung der Direktoren und Direktorinnen, der Landesdirektoren und Landesdirektorinnen hat. Nur in der Praxis läuft es halt anders. In der Praxis passiert es ganz eindeutig, dass die Länder ihre Zustimmung zu der Wahl des Generaldirektors von einer Frage abhängig machen: Wird unser Kandidat, den wir benannt haben, im Personalpaket des Generaldirektors für die Besetzung der Landesdirektoren berücksichtigt oder nicht? Das war bei dieser Wahl so, das war bei den letzten Wahlen so. Solange man diese Einflussnahme der Länder drinnen hat, wird das auch bei allen anderen Wahlen so sein.

Jede relevante Entscheidung im Stiftungsrat wird daran geknüpft, Mehrheiten zu bilden, aber wenn ich mir anhöre, welche Stellungnahme es zu den Gebühren­erhö­hungen gibt, die eigentlich eine Sache des Stiftungsrats sind – Nachprüfung durch die KommAustria und die Medienbehörde –, aber de facto von politischer Seite entschie­den werden: ja oder nein?, dann zeigt sich schon, dass es mit der Unab­hängigkeit des Unternehmens nicht weit her ist.

Wenn man sich die Personalentscheidungen der letzten zwei bis drei Monate an­schaut, von der Bestellung des Direktoriums weg, dann sieht man, es gab da nicht nur den Fall Pelinka, um den hier auch beim Namen zu nennen. Wenn das nicht schon so weit wäre, dass offenbar die Entscheidung in Richtung Verzicht oder Nicht-Bestellung getroffen wird, könnte man dem Generaldirektor nur dringend empfehlen, von dieser Bestellung Abstand zu nehmen, und zwar aus einem ganz simplen Grund, abgesehen von der Frage der Qualifikation: Jemand, der mit so einer Punzierung, mit so einer Vorgeschichte kommt, der parteipolitisch dermaßen im Blitzlicht gestanden ist, der direkt aus der Leitung eines parteipolitischen Freundeskreises in eine Funktion kommt, wo er als Büroleiter direkten Zugriff auf die Daten der Sendungen des Hauses hat, also zwei Stunden vor der „ZiB“ informiert sein wird, was da an Inhalten kommt, der kann diese Funktion – so gut kann er von der Qualifikation her gar nicht sein – nicht ausüben. Er hat als Büroleiter im Übrigen auch keine Durchgriffsrechte, wie Sie ja wissen, und in dieser Situation wäre es unverantwortlich, das Unternehmen mit so einer Personalentscheidung über Monate und Jahre zu belasten.

Aber schauen wir uns einmal die anderen Personalentscheidungen an. Gute Debatte zwischen Westenthaler und Kopf – schauen wir einmal nach Tirol, was dort passiert ist. Helmut Krieghofer wurde zum Landesdirektor von Tirol bestellt. Ich habe wenig Aufschrei gehört aus den Reihen der ÖVP. Genau genommen gar keinen. Helmut Krieghofer war Landesgeschäftsführer der ÖVP Tirol. Helmut Krieghofer war Abge­ordneter der ÖVP Tirol. Helmut Krieghofer war Mitglied des Stiftungsrates. Aus dieser Funktion ist er direkt zum Landesdirektor von Tirol ernannt worden.

 


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