Ich glaube, ich kann mich mit Bundesminister Töchterle, heute habe ich ja einen Gesprächstermin, dort treffen, wo es um den Bildungsbegriff geht. Wir sehen ihn, wie auch die Studentenbewegung und das Bildungsvolksbegehren, breiter und nicht reduziert auf bloße Ausbildung, nicht reduziert auf das unmittelbar Nützliche, nicht unmittelbar und ausschließlich reduziert auf den Markt.
Wenn Österreich mündige und autonome Bürgerinnen und Bürger haben will, brauchen wir diesen erweiterten Bildungsbegriff, denn Bildung macht autonomer, hilft den Menschen, sich zu orientieren, macht die Menschen kritikfähig. Und ich wünsche mir, dass auch die Uni als Ort der Reflexion und der kritischen Auseinandersetzung mit den Problemen der Gesellschaft und der Welt erhalten bleibt und aus Studien keine Windhundrennen werden, wo man in kürzester Zeit misst, wie viele die Universitäten wieder verlassen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich kenne einige Leute – Akademikerinnen und Akademiker oder Repräsentanten des tertiären Bildungssystems; es sind wenige –, die glauben, nur das repräsentiert wirkliche und wahre Bildung: Fachhochschule und Universitäten. So ist es nicht! Das hat niemand gesagt, niemand verlangt eine Vollakademikerisierung Österreichs! Es gibt genügend Beispiele, vor denen man Respekt haben muss. Bundesminister Töchterle hat ein viel zitiertes genannt, nämlich dass er einen Schmied kennt, der auf der Geige Mozart spielt. – Ich finde das toll, ich finde das sympathisch, ich wünschte, dass es viele solche Leute gibt, aber, Herr Bundesminister, mit einem Schmied, der Geige spielt, werden wir im OECD-Ranking nicht reüssieren, also da muss man schon mehr tun. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)
Das Bildungsvolksbegehren hat schon zum Ziel, breiteren Schichten den Zugang zu besserer und breiterer und höherer Bildung zu ermöglichen. Wie schaut es da aus? Die Unis sind momentan in einer Situation, wo sie Angst vor den Studierenden haben müssen, statt um sie zu werben, statt dass sie sich auf sie freuen könnten, weil sie nicht oder vielfach nicht in der Lage sind, sie gut zu betreuen.
Jetzt kann man daraus folgenden Schluss ziehen: Betreuen wir sie gut, verwenden wir ein paar Mal die Wörter „Exzellenz“ und „Elite“ und reduzieren wir die Zahl der Studierenden um ein Drittel, in manchen Fächern um zwei Drittel, dann gibt es wunderbare Betreuungsverhältnisse und wir haben eben um 30 bis 50 Prozent Studierende weniger.
Ich halte das für eine Gefahr! Ich wünsche mir nicht, dass es das Ziel der Bundesregierung ist, die Zahl der Studierenden zu halbieren. Wenn man sich anschaut, was die Studienplatzkosten ausmachen – und die Studienleiter selbst schreiben, allein die Einführung des Bakkalaureats würde 300 Millionen € brauchen –, verstehe ich die Verhandler bei Leistungsverträgen.
Ich war jetzt auf vielen Unis und habe da wirklich schlimme Dinge gehört, indem man sagt, das Regelstudium der Zukunft muss das Bakkalaureat sein. Der Master habe sich selbst zu finanzieren, und es gibt viel zu viele teure Dissertationen in Österreich. Man braucht nicht so viele Dissertantinnen und Dissertanten. – Das in Verhandlungen zu sagen – ich nenne jetzt nicht die Leute, die mir das gesagt haben –, halte ich für kein gutes Signal. Ich würde gerne anderes hören.
Ich würde auch gerne weiter einen Dialog mit Ihnen, mit den Initiatoren des Bildungsvolksbegehrens, führen, und ich kann nur jedem Abgeordneten raten, dieses Haus öfter zu verlassen um mit kreativen, bunten, aus allen Schichten und Lagern kommenden Menschen zu diskutieren. Das ist ein Akt der Psychohygiene und würde uns selber helfen, wieder Vergnügen und Kreativität neu zu entdecken.
Dieses Angebot möchte ich machen. Ich mache es auch Herrn Bundesminister Töchterle und ersuche heute – die Gründe kennen Sie; diejenigen, die im Wissenschafts-
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