Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll141. Sitzung / Seite 82

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Lassen Sie mich auch zu einem anderen Punkt Stellung nehmen. Kollege Mayer hat vom Neutralitätsgebot des Staates in religiöser Hinsicht gesprochen. Ich kann das nur unterstützen. Ich darf aber darauf verweisen, dass bei dieser Enquete 1,6 Millionen Ös­terreicherinnen und Österreicher ausgeschlossen waren, nämlich jene ohne religiöses Bekenntnis. Wir haben bei dieser Enquete zwar zwei Vertreter der Kirche der „Heiligen der Letzten Tage“ gehabt – insgesamt gibt es 4 000 Mitglieder dieser Kirche in Öster­reich: zwei Vertreter –, jedoch 1,6 Millionen Konfessionsfreie ohne Vertreter! Von ei­nem Neutralitätsgebot kann ich da leider nichts entdecken. Wir Grüne haben diesen Missstand zumindest teilweise beseitigen können, indem wir Heinz Oberhummer, den Vorsitzenden des Zentralrats der Konfessionsfreien, eingeladen haben.

Ich darf Sie bitten, bei der Behandlung etwas forscher zu sein; die Enquete fand im letzten Mai statt. Ich glaube, das Tempo, mit dem wir dieses Thema angehen, ist aus­baufähig, und ich glaube, wir sollten hier auch mit klaren Positionen in die Diskussion gehen. Da lautet meine Bitte an ÖVP und SPÖ, einen konkreten Vorschlag zu machen, was denn nun ihr Ziel ist. Unsere Forderung ist klar: ein gemeinsamer Ethik- und Reli­gionenunterricht durch staatlich ausgebildete PädagogInnen für alle Kinder! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Petzner. Wunschgemäß sind 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


13.05.44

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Wesentlichen hat auch diese parlamentarische Enquete unsere Bedenken, die wir im Zusammenhang mit einem Ethikunterricht haben, bestätigt. Ich kann da auch einige Zitate bringen und beginne mit einem Zitat des Kollegen Walser, der nicht nur eine En­quete verlangen, sondern dann auch zuhören sollte, was dort die Experten sagen. Die­se sagen nämlich etwas ganz anderes als das, was Sie jetzt hier vom Rednerpult aus verbreitet haben. (Abg. Dr. Walser: Es gab mehrere Experten, wie wir wissen!)

Es wurde bei dieser Enquete Folgendes zum Religionsunterricht gesagt, von dem Sie sagen, den will niemand mehr haben – Zitat –:

„Auch sind 66 Prozent der Ansicht: Ich halte es für wichtig, dass die Kinder in Öster­reich Religionsunterricht erhalten, um den christlichen Glauben kennenzulernen! Die Qualität des Religionsunterrichts wird ... überraschend gut bewertet. Die Wertschät­zung des Religionsunterrichts hat in den letzten Jahren eine überraschende europapo­litische Steigerung erfahren.“

Das heißt, die Werte zur Anerkennung des Religionsunterrichts steigen, die Zahlen wer­den besser und nicht schlechter! Das sagen die Experten bei dieser Enquete, und sie widersprechen damit auch den Ausführungen des Herrn Walser, der zwar physisch bei der Enquete anwesend, aber offensichtlich psychisch abwesend oder irgendwie verirrt war, in irgendeiner linken Seitengasse. (Beifall beim BZÖ.)

Das zentrale Problem haben wir dort angesprochen mit einem Zitat des stellvertreten­den Bundestagspräsidenten aus Deutschland von der SPD, der – aus der DDR stam­mend, und er hat das in Zeiten des kommunistischen Regimes selbst erlebt – gesagt hat, der Ethikunterricht droht Gefahr zu laufen, dass er für einen politischen Weltan­schauungsunterricht missbraucht wird. Es haben ja auch die Befürworter des Ethik­unterrichts in dieser Enquete dann selbst zugegeben, dass das das eigentliche Ziel ist, und ich darf hier auch einige Zitate bringen, damit die Damen und Herren ein bisschen darüber nachdenken, was es mit diesem Ethikunterricht eigentlich auf sich hat.

Herr Professor Liessmann hat dort gesagt, es muss deshalb die „Aufgabe des Ethik­unterrichts sein, kritisch in jene Denktraditionen und Lebensformen einzuführen, die die


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