Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll143. Sitzung / Seite 51

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Führen wir uns einmal vor Augen, in welchem Umfeld sich dieses Paket jetzt bewegt! (Unruhe im Saal.) – Vielleicht könnten Sie mir ein bisschen zuhören, wenn das geht? Ich bemühe mich, es auch spannend zu machen, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber ich bitte um ein bisschen Ruhe.

Es sind mittlerweile dreieinhalb Jahre seit Ausbruch der Finanzmarktkrise vergangen, und es gab starke Versprechen in ganz Europa betreffend stärkere Finanzmarktregu­lierung, Zurückdrängen von hochspekulativen Anlageformen, Verbote von bestimmten Anlageformen, Finanztransaktionssteuer, schärfere Aufsichtsbehörden, schärfere Fi­nanzmarktbehörden. – Und was hat die Bevölkerung davon tatsächlich bekommen? Bis jetzt unterm Strich nichts!

Auf der anderen Seite: Bankenrettungen, Konjunkturpakete, Wirtschaftsunterstützung – das alles ist weitergelaufen. Umso fataler ist die soziale Schieflage und umso schärfer sind Sie zu kritisieren, dass Sie das Versprechen, für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, in diesem Paket nicht einlösen. (Beifall bei den Grünen.)

Es sind die sozial Schwachen, jene, die die Krise weder verursacht noch im Vorfeld da­von profitiert haben, die die Hauptlast tragen. Ich möchte Stephan Schulmeister zitie­ren, denn ich hätte mich nicht getraut, das so deutlich auszusprechen. Er hat es folgen­dermaßen formuliert:

Nicht vergessen dürfen wir: Europaweit sind große Teile der staatlichen Schulden ent­standen, weil die Staaten während der Bankenkrise das Geld der Reichen gerettet ha­ben. Und genau die müssen sich nun nicht beteiligen. – Zitatende.

Am Tage nach der Präsentation des Sparpaketes begann schon wieder der Wahl­kampf. Sie als Bundeskanzler, nachdem Sie gerade ein Paket für die nächsten fünf Jahre ausverhandelt haben, fangen wieder an mit dem Versprechen einer reformierten Erbschaftsteuer, einer reformierten Schenkungssteuer und einer Vermögenssteuer.

Was hält die Bevölkerung von so einer Doppeldeutigkeit, von so einer Doppelbödigkeit, ein Paket für die nächsten fünf Jahre fertig zu haben, sich aber am Tag danach wieder hinzustellen und so zu tun, als gäbe es dieses Paket nicht, und Wahlkampf zu machen, PR zu machen, Werbung zu machen und nicht zu sehen, dass es eigentlich um Politik, um Politik für die Menschen geht?! (Beifall bei den Grünen.)

Man kann das, was im Paket enthalten ist, auch sehr gut mit Zahlen noch einmal dar­stellen, und da stellen wir fest: Die untersten, die schwächsten, die kleinsten Einkom­mensbezieher zahlen einen überproportional hohen Anteil. Da fragt man sich schon: Warum auf der einen Seite so phantasielos die kleinen Beamtengehälter, die kleinen Pensionen mit hereinnehmen und auf der anderen Seite Altpolitikerprivilegien, Altpoliti­kerpensionen in der Höhe von 8 000 € nicht angreifen? – Haben Sie dafür eine Erklä­rung? Ist das Ihr Verständnis von sozialer Gerechtigkeit? Sie haben heute die Gele­genheit dazu, das klarzustellen.

Ermessensausgabenkürzungen, was insbesondere in die innovativen Bereiche unserer Gesellschaft hineingeht, in Frauenprojekte, Jugendprojekte, insbesondere auch Bildungs­projekte, und all die innovativen Schulreformen, auch die „Neue Mittelschule“, sind da­von betroffen.

Ist das Ihr Verständnis von Gerechtigkeit, da vollkommen phantasielos drüberzufahren, aber die großen Vermögen vollkommen unangetastet zu lassen? Die bleiben vollkom­men unangetastet! – Ich habe dafür mittlerweile kein Verständnis mehr, und ich bitte Sie: Sparen Sie sich das Geld für die nächste Plakatkampagne! (Beifall bei den Grü­nen.)

Man kann beim Bausparen unterschiedlicher Meinung sein, aber ich weiß, es gibt wohl keine Oma und keinen Opa, die/der nicht bei der Geburt der Enkelkinder einen Bau-


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