Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll143. Sitzung / Seite 62

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Aber kommen wir zum Ernst der Sache! Herr Bundeskanzler, Sie haben Ihre Ausfüh­rungen damit beendet, dass wir als Republik Österreich in Europa gar nicht so schlecht dastünden. Ich stimme Ihnen vollkommen zu.

Wir behandeln hier und jetzt dieses sogenannte Konsolidierungspaket, und ich verwen­de diesen Ausdruck nicht mehr wieder, weil ich glaube, dass gerade die Chancen für die Konsolidierung mit diesem Paket vertan wurden. Erinnern wir uns an Novem­ber/Dezember 2011, als ausgerufen wurde, es müsse etwas geschehen! Das wäre tat­sächlich die ganz große, die Riesenchance gewesen – eigentlich ist sie es immer noch bis zum Schluss der Verhandlungen in diesem Frühjahr –, etwas vorzulegen, das ins­besondere die Strukturverkrustung in diesem Land aufbricht, das alte Zöpfe ab­schneidet, das mit den alten rot-schwarzen Proporzgewohnheiten – obwohl einmal von Schwarz-Blau unterbrochen – aufräumt, das diese enge Pfründewirtschaft beendet.

Es gibt noch genug zu tun in diesem Land, und das wäre wirklich eine Riesenchance, etwas weiterzubringen, nämlich innovativ und reformfreudig, selbstverständlich gerecht und sozial ausgewogen und entsprechend nachhaltig, also nicht einfach auf vier Jahre irgendetwas ausrechnen – dazu kommen wir schon noch, was Sie da für Hausnum­mern in dieses sogenannte Paket hineingestellt haben –, sondern wirklich nachhaltig und sogar noch mit Spielraum für Zukunftsinvestitionen. All das wäre möglich, ge­schieht aber nicht!

Wir teilen wahrscheinlich den Befund, die sozialdemokratische Fraktion, Sie, Herr Bun­deskanzler, und unsere Fraktion, und ich will immer noch ein Wort darauf verwenden – Klubobfrau Glawischnig hat es ja schon erwähnt, es ist nämlich wichtig genug, damit die ideologische Debatte hier nicht völlig von der hysterischen Rechten beschrieben werden kann (Hallo-Rufe bei der ÖVP) –: Natürlich ist es so, dass wir in Abfolge meh­rere Krisen zu gewärtigen hatten, die zum Schluss zu einer sogenannten Staatsschul­denkrise geführt haben. Also wir sehen das schon eine Spur anders.

Ein Teil der Ursachen waren die Verwerfungen auf den Finanzmärkten, die weltweit die Politik überhaupt erst in die Lage versetzt haben, diesen Schaden anzurichten. Des­halb gehört in erster Linie einmal dort saniert, um Krisenprävention für die Zukunft zu betreiben.

Zweiter Grund: das Übergreifen auf die Wirtschaft, auf die sogenannte Realwirt­schaft. – Man musste gegensteuern. Das war auch richtig – ob jede einzelne Maßnah­me richtig war, darüber haben wir schon in den Jahren 2008 und 2009 diskutiert, manchmal vielleicht sogar gestritten –, und dass das, egal, welche Maßnahme, dazu führen muss, dass das Budgetdefizit in dieser Zeit steigt und damit der Schuldenberg wächst, war auch klar, nur der Befund jetzt ist der, dass plötzlich der Staat der Böse sein soll, dort müsse man alles auf null stellen und das möglichst radikal und wo­möglich überall in Europa gleichzeitig. – Stellen Sie sich vor, was das heißt! Das müs­sen die Damen und Herren von den Konservativen verstehen: Das kann nur in eine mehr oder weniger politisch mutwillig herbeigeführte Rezession führen. Das kann doch niemand wollen. Das heißt, wir müssen die Geschichte wesentlich innovativer und fan­tasievoller angehen, als innerhalb bestehender Systeme herumzukürzen und einfach Geld aus dem Kreislauf zu ziehen. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Es braucht wesentlich mehr; nicht nur bei uns in Österreich, da gebe ich Ihnen recht, aber diesbezüglich sind wir auch kein Vorbild mehr.

Jetzt geht es los: November/Dezember 2011 – was wäre möglich gewesen und was ist jetzt noch möglich? – Erstens: wesentlich mehr durchdachte und gerechtere Maßnah­men auch auf der Einnahmenseite! Herr Bundeskanzler – und so viel Parteipolitik muss jetzt schon noch sein, zumal Sie von der Regierungsbank aus damit begonnen ha­ben –, wenn Sie ständig Kampagnen fahren, was laut SPÖ, der stärksten Partei im Na­tionalrat und auch in der Regierung, alles geschehen soll, was alles kommen soll, und


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