Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 45

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dazu!) Ich halte es geradezu für eine Notwendigkeit, in einer demokratischen Gesell­schaft kompromissfähig zu bleiben, Herr Dr. Walser! (Beifall bei der ÖVP.)

Es hat auch niemand behauptet – weder die Sozialdemokratie noch die Volkspartei –, sich beim Modell der Neuen Mittelschule zu 100 Prozent durchgesetzt zu haben. Es wäre ein schlechter Kompromiss, würde sich eine Seite vollständig durchsetzen. Ganz im Gegenteil: Wir haben eine Bildungsreformpartnerschaft begründet, bei der es darum geht, dass wir ideologische Bestemmhaltungen auf die Seite geräumt haben, dass sich beide Seiten bemühen, aufeinander zuzugehen (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser), und dass wir die Dinge sehr pragmatisch im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen lösen, Herr Dr. Walser! Dazu sollten die Grünen auch einmal fähig werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

In der Tat ist es ein großer Tag für die österreichische Bildungspolitik, und ich finde da die Ausführungen meines Kollegen Mayer überhaupt nicht pathetisch oder gar über­zogen. Alleine wenn Sie sich die Zahlen der Betroffenen ansehen, dann sollten Sie das anerkennen: Es sind 220 000 Schülerinnen und Schüler von dieser Reform betroffen, 30 000 Lehrerinnen und Lehrer, über 1 100 Schulstandorte; in etwa 200 Gesetzes­materien sind Änderungen erforderlich.

Es ist in der Tat eine große Sache. Die österreichischen Hauptschulen sind zum überwiegenden Teil – und auch das sollte man einmal zur Kenntnis nehmen – sehr gute Schulen. Das heißt nicht, dass wir Probleme, die wir in den Ballungsräumen haben, negieren, aber gerade diese Probleme sind es, die auch eine Weiterent­wick­lung dieser guten Hauptschulen notwendig gemacht haben. Und diese Weiter­ent­wicklung, die legen wir Ihnen heute vor. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Elmar Mayer und Mag. Lohfeyer.)

Es ist auch nicht so, Herr Dr. Walser, dass wir nur ein Türschild auswechseln. Das hätten wir billiger haben können, das möchte ich Ihnen sehr, sehr deutlich sagen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.) Da hätten wir nicht Tausende zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer gebraucht. Da hätten wir nicht das Budget gerade in diesem Bereich ganz massiv erhöhen müssen, wenn wir nur die Türschilder auswechseln würden. (Abg. Dr. Walser: Sagt ja niemand, dass !)

Das Gegenteil ist der Fall: Wir setzen mit der Neuen Mittelschule ein neues Bildungs­modell auf, Herr Dr. Walser; eine Schule, die künftig am Standort entscheiden wird, welche Differenzierungsmaßnahmen gesetzt werden. Sieben sind es an der Zahl: die Individualisierung des Unterrichts, ein differenzierter Unterricht in der Klasse, Bega­bungs- einschließlich Begabtenförderungen, Maßnahmen der inklusiven Pädagogik und Diversität, temporäre Bildung von Schülergruppen, Bildung von Förder- und Leistungsgruppen und das Unterrichten im Lehrerteam, das Team-Teaching.

All diese unterschiedlichen Maßnahmen werden künftig eingesetzt werden können, um am Standort dem Schüler, der Schülerin individuell beste Förderung angedeihen zu lassen – beste Förderung nach Begabungen, nach Neigungen, nach Schwächen, mit dem Ziel, keinen zurückzulassen.

Es heißt im Gesetzestext ausdrücklich: Jedem Schüler und jeder Schülerin ist zu jedem Zeitpunkt die umfassende Allgemeinbildung zu ermöglichen – also der AHS-Lehrplan. Und streiten wir da bitte nicht, Herr Dr. Walser, um des Kaisers Bart, denn Sie waren einer der Mitinitiatoren, die beispielsweise dafür eingetreten sind – und ich halte das für richtig; ich glaube, wir haben es sogar einstimmig im Ausschuss beschlos­sen –, dass wir etwa das Fach Ernährung und Haushalt im Lehrplan erhalten. Das entspricht nicht dem Lehrplan der AHS, Herr Dr. Walser (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser, der einige Schriftstücke in die Höhe hält), das haben wir aus der Hauptschule übernommen, weil es gut ist. Also streiten Sie da nicht um des Kaisers


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