Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 54

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11.24.00

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich glaube, man kann eingangs festhalten, dass zumindest von den Grünen niemand bestritten hat, dass es in den letzten Jahren auch Fortschritte gegeben hat und dass sich insbesondere die Unterrichtsbedingungen an den, wie es jetzt heißt, Neuen Mittelschulen verbessert haben, allein deshalb schon, weil es mehr Ressourcen ge­geben hat. Diese Diskussion brauchen wir nicht zu führen. Die Diskussion, die wir führen sollten, ist allerdings, ob einerseits Anspruch und Wirklichkeit übereinstimmen und ob das, was als Kern des österreichischen Schulsystems im Problem wahrge­nommen wird, damit verbessert wird.

Es war interessant, es hat eigentlich drei unterschiedliche SPÖ-Reden gegeben. Zunächst war die Rede des Kollegen Mayer, das war die Jubel-Trubel-Heiterkeit-Rede, der völliges Unverständnis darüber äußert, dass jemand da nicht voll zustimmen kann. Ich finde, Ihre Rede, Frau Bundesministerin, war schon deutlich differenzierter und hat auch Probleme aufgegriffen. Und dann kam die Kollegin Ablinger und hat ziemlich deutlich klargemacht, dass es bei der Frage der Bildungsgerechtigkeit, der Übertritts­möglichkeiten massive Probleme im österreichischen Schulsystem gegeben hat.

Wenn wir hier – jetzt sage ich einmal etwas keck – mehr Ablinger und weniger Mayer in der Propaganda hätten, dann täten wir uns wahrscheinlich leichter, auf eine gemeinsame Basis zu kommen, denn dann könnten wir uns viel leichter tun, zu sagen: Okay, hier Verbesserungen, da große Mängel, und versuchen wir einmal, ein Bild zu zeichnen, das der Realität entspricht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Elmar Mayer: Ihr geht ja nirgends mit! Bildungsverweigerer!)

Wir gehen sehr oft mit. Wir gehen sehr oft mit! Es hat sich beim Kollegen Walser nichts zu dem verändert, wie es früher gewesen ist.

Ich sage Ihnen etwas: Ich kann mich an eine Aussage, als ich Bildungssprecher geworden bin, oder relativ jung Bildungssprecher war, erinnern. Die kam vom dama­ligen Stadtschulratspräsidenten Scholz in Wien. Das hat mich eigentlich sehr zum Nachdenken gebracht und war etwas, was ich behalten habe. Er hat gesagt, der Weg zu höherer Bildung in Österreich hängt von drei Faktoren ab: vom Faktor Herkunft, vom Faktor Distanz – ob es im Umfeld Bildungseinrichtung gibt – und vom Faktor Bega­bung. – Das ist noch wenig überraschend.

Das, was wirklich prägend war an der Aussage, war, zwei dieser drei Faktoren müssen erfüllt sein, damit man zu höherer Bildung kommt. Wenn man das durchdenkt, heißt das, der Faktor Begabung allein führt in Österreich nicht zu höherer Bildung. – Ich glaube, er hat recht behalten und hat nach wie vor recht.

Es ist auch, umgekehrt betrachtet, wenn der Faktor Begabung nicht da ist, man aber eine ausreichende Herkunft hat und in einem städtischen Umfeld lebt, die Wahr­scheinlichkeit zu höherer Bildung eher gegeben, diese ist noch immer sehr hoch, dass man durchkommt. Ich glaube, das gilt nach wie vor und gilt auch mit der Neuen Mittelschule nach wie vor. Wer das nicht wahrnimmt, der hat eines der Hauptprobleme des österreichischen Systems nicht erkannt. Da sollte man dranbleiben.

Frau Ministerin, ich hätte das lieber die Frau Kollegin Ablinger gefragt. Diskutieren wir doch darüber, ob wir jetzt eine gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen haben! Haben wir die? (Abg. Dr. Walser: In Ihrer Propaganda schon!) Haben wir eine gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen? – Nein. (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.) Warum steht dann in der Propaganda, in dem, was da drinnen ist, wortwörtlich: die gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen? Warum steht das da drinnen? Warum, wenn es nicht stimmt? – Das ist das, was ich Sie frage!

 


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