Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll155. Sitzung, 15. Mai 2012 / Seite 55

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9.49.26

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin, den Beruf eines Betonierers erachte ich als einen ehrenwerten Beruf. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Gerade für eine Vertreterin einer Arbeiterpartei wäre es angemessen, diesen Beruf auch entsprechend zu würdigen.

An die Adresse der ÖVP gerichtet sage ich, gerade was die gestrige Veranstaltung betrifft: Hätte man eine Volksabstimmung zur Bundeshymne gemacht, meine sehr geehr­ten Damen und Herren von der ÖVP, hätten Sie gestern richtig gesungen – ich bin überzeugt davon. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Es wäre Ihnen nicht der Fehler unterlaufen, sich schon im ersten Satz der Bundeshymne zu versingen.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Demokratie ist es nicht weit her in unserem Land, das ist absolut richtig und ist auch in der Aktuellen Stunde entsprechend zu würdigen. Es versteht im Grunde ja auch niemand, dass immer vor den Wahlen oder wenn man dieses Thema eben aufs Tapet bringt, alle sich zur direkten Demokratie bekennen – da kann es dann nicht weit genug gehen, auch wenn ich den Kollegen Kopf in der ersten Reihe jetzt schmunzeln sehe.

Wissen Sie, was die Menschen überhaupt nicht verstanden haben? Das war der EU-Wahlkampf, wo sich der Fall Karas ereignet hat, wo dieser über 100 000 Vorzugs­stimmen erhalten hat, wo es einen starken Willen bei der Anhängerschaft der ÖVP gegeben hat, jemanden vorzureihen, und Sie trotzdem den Herrn Strasser an die erste Stelle nach Brüssel geschickt haben. – Das ist wohl das Mindeste an einer direkten Demokratie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, dass man zumindest jene vorlässt, die in den eigenen Reihen mehr Vertrauen genießen. Das hätte ich mir schon auch von Ihnen erwartet in einer ehrlichen Diskussion. (Beifall beim BZÖ.)

Aber natürlich ist es berechtigt, Herr Bundeskanzler, die Frage zu stellen, warum Sie eine so große Scheu haben und eine so große Angst haben, über eine so richtung­weisende, eine so schwerwiegende Entscheidung wie beispielsweise den Euro­päischen Stabilitätsmechanismus unter Bürgerbeteiligung abstimmen zu lassen und entscheiden zu lassen – das fragt sich jeder in unserem Land –, um sich dann vor den nächsten EU-Wahlen wieder zu beklagen, dass sich die Menschen zu wenig für Europa interessieren, dass die Wahlbeteiligung zu niedrig ist. – Das ist eine direkte Folge der Weigerung, mit dem Volk in einen Dialog zu treten über so wichtige Fragen, die unsere Zukunft betreffen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das ist jetzt keine Polemik, aber wie erklären Sie das dem einfachen Bürger, wenn er zu Ihnen kommt und sagt: Herr Bundeskanzler, jetzt haben Sie mich die letzten Jahre nie gefragt, was ich davon halte, was da in Brüssel beschlossen und entschieden wird – aber jetzt vor der Wahl bitten Sie mich zur Wahlurne? – Ja, einen Dreck werde ich machen!, denkt sich der Bürger. Ich bin gar nicht mehr bereit, diesem ganzen Unsinn überhaupt zu folgen!

Herr Bundeskanzler! Tun Sie der Bevölkerung einen Gefallen und thematisieren Sie zumindest, worum es da in Zukunft auf europäischer Ebene geht, welche Folgen da in Zukunft auf uns warten. Erklären Sie das von Ihrer Warte aus, aber machen Sie es zum Thema! Egal, ob wir unterschiedlicher Meinung und Betrachtung sind, was die Folgenabschätzung betrifft, völlig egal – Sie erwarten von der Opposition ohnedies nicht, dass wir einer Meinung sind mit der Regierung –, aber treten Sie in Dialog mit der Bevölkerung! Was da auf uns zukommt, ist ein Wahnsinn! Es ist ein Wahnsinn! Bitte begreifen Sie das endlich! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

 


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