Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll155. Sitzung, 15. Mai 2012 / Seite 85

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Nochmals: Sparen führt uns nicht aus dieser Krise. Eine Sparpolitik à la Fiskalpakt führt den Karren nur weiter in den Dreck. Sie führt zu Arbeitslosigkeit und zu sozialen Unruhen. Wir brauchen Investitionen, wir brauchen Wachstum, wir brauchen wieder wachsende Beschäftigung. Und das kostet einfach Geld. (Beifall bei den Grünen.)

11.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


11.38.58

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viel ist in den letzten Monaten über das Sparen gesprochen worden, über den Schuldenabbau, immer wieder ist auch Griechenland hervorgezaubert worden. Was hat man uns alles, auch hier vom Rednerpult und von der Regierungsbank, erzählt? Nach jedem Sparpaket, nach jeder Maßnahme, nach jeder Schuldenabbaurunde und nach jedem Gipfel in Brüssel hat man gesagt, jetzt hat man endlich den Stein der Weisen gefunden, jetzt ist alles erledigt, bis dann nach wenigen Wochen, manchmal nur nach Tagen, die nächste Krise aufgebrochen ist. Das, meine Damen und Herren, müssen Sie sich heute schon auch von uns sagen lassen, weil Sie uns damals ja wirklich kritisiert haben ob unserer mahnenden Worte, dass all diese Maßnahmen, die Sie uns hier vorgetragen haben, nicht ausreichend sein werden.

Was haben Sie uns damals alles erzählt: Ein Geschäft wird das noch werden mit den Krediten, die wir nach Griechenland zahlen, mit den Zinsen, die wir ohnehin bekommen haben! Jeder hat gewusst, dass wir um die Zinsen ein bisschen weniger an Kredit gewährt haben. – Doch wir alle haben gewusst – und geben Sie es jetzt endlich einmal zu! –, dass all das Geld, das nach Griechenland gezahlt worden ist, auf Nimmerwiedersehen in der Ägäis versinkt, und zwar sinnlos versinkt, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Es ist völlig sinnlos, von einem Land zu glauben, dass es Schulden, dass es auch nur Zinsen zurückzahlen kann, das das strukturelle Defizit nicht abbauen kann, dessen Wirtschaftskraft so gering ist, dass nicht einmal das Sozialsystem, die Bürokratie, die Verwaltung, die Bildung finanziert werden können. Wie kann man denn glauben, dass dieses Land dann, wenn man ihm Sparpakete aufoktroyiert, wenn die Einkommen der Menschen dort um bis zu einem Drittel gekürzt werden, aus eigener Kraft aus dieser Krise herauskommen kann? – Das ist doch völlig irreal!

Interessant ist, dass all jene – vom Nationalbank-Gouverneur bis hin zum Herrn Bun­despräsidenten –, die uns über all die Monate und Jahre hinweg erklärt haben, wie wichtig diese Kreditgewährung ist, wie wichtig es ist, dass Griechenland im Euro bleibt und sich auch sonst nichts verändert, das heute nicht mehr so vehement vertreten. Sie sagen: Ja, vielleicht wäre es doch gescheiter, dass Griechenland aus dem Euro austritt und das vielleicht für andere Länder als Option, als Worst-Case-Szenario, auch nicht außer Diskussion gestellt werden sollte.

Meine Damen und Herren, ist Intelligenz wirklich zeitbezogen? Muss es wirklich Milliar­den kosten, bis Politiker – nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa – gescheiter werden und endlich das machen, was die Vernunft schon von Haus aus geboten hätte, nämlich nicht alles Ungleiche gleich zu behandeln!? Wenn man schon im Jahr 1999 einen Fehler gemacht hat, als man beschlossen hat, eine Eurozone einzurichten, aber nicht bereit war, die Kriterien, die man aufgestellt hat, zu überprüfen, wenn man möglichst viele Länder in dieses Prestigeprojekt eingebunden hat, obwohl man gewusst hat – auch damals gewusst hat –, dass das nur bei Schönwetter so funktio­nieren wird und schon beim ersten Sturm zu sinken droht, warum kostete das uns allen dann so viele Milliarden Euro, dass die Politiker in Österreich und in Europa gescheiter werden? (Beifall beim BZÖ.)

 


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