Das heißt, das Gebiet des Verwaltungsverfahrensrechtes zählt zu den genetischen Inhalten des dritten Lagers. Ungeachtet dieser historischen Tatsache ist es uns ein selbstverständliches Gebot gewesen, bei so tiefgreifenden und wesentlichen Änderungen, die den Staat und seine Verwaltung berühren, mit, wie es so schön oft geheißen hat, heißer Nadel mitzunähen.
Wir haben mit absoluter Freude – „Freude“ bitte ich jetzt nicht im euphemistischen Sinn zu verstehen –, mit gebotenem Ernst und mit dem Primat der Rationalität zur Kenntnis nehmen dürfen, dass die Verwirklichung des Projektes ein allgemeines Anliegen aller fünf Parlamentsparteien ist. Daher ist es wohl richtig, wenn man verweist, dass gut Ding Weile braucht, aber es war doch eine hochwertige Energie, die von allen Parteien an den Tag gelegt worden ist, und es war und ist hoch zu schätzen, dass unter dem, sage ich einmal, Management des Herrn Staatssekretärs Dr. Ostermayer auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und die beigezogenen Experten mit einer sehr hochwertigen Intensität positiv an der Arbeit mitgewirkt haben.
Mit einer besonderen Hervorhebung wegen der Wichtigkeit sage ich, dass es auch sehr befriedigend ist, dass ein wichtiges Detail auch umgesetzt worden ist, dass nämlich der Antrag, den unsere Fraktion, Kollege Stefan und ich schon im April 2010 eingebracht haben, dass endlich der Verwaltungsgerichtshof neben der kassatorischen Kompetenz auch die reformatorische Kompetenz erhält, umgesetzt wird.
Man muss sich die selbstverständlich im Schatten der öffentlichen, zumal auch medialen Aufmerksamkeit stehenden Erneuerungen vorstellen. Das ist keine auf Sensationslust, Neid und Bösartigkeit, die ja viel genussvoller zelebriert werden, ausgerichtete Erneuerung, sondern eine zutiefst wirksame, sehr pragmatische Ver-waltungserneuerung. Der Verwaltungsgerichtshof gibt zirka 1 500 Beschwerden pro Jahr recht. Und wenn ich ungefähr schätze, dass 500 solcher Erledigungen in der Sache selbst abgeklärt sind – aber eine Statistik gibt es darüber nicht, es können noch einmal so viel sein oder etwas weniger –, heißt das, dass durch die Ausübung einer reformatorischen Möglichkeit des Verwaltungsgerichtshofes 500 bis 700 Verwaltungsverfahren auf neuer Ebene, weil mit der Kassation wird ja nur nach unten verwiesen, erspart werden. Das sind Millionen und Abermillionen, die völlig im Schatten der österreichischen Budgetwirtschaft stehen, aber es führt zu einer absolut deutlichen Verwaltungsentlastung.
Es war uns auch wichtig, dass wir in den Entschließungsanträgen, die nahezu einstimmig beschlossen worden sind, den Rahmen – Kollege Wittmann und Kollege Gerstl haben schon darauf hingewiesen – der Vollendung des Projektes abgesteckt haben, denn die Verwirklichung des heutigen Gesetzesbeschlusses wäre zu wenig. Es sind die wesentlichen Ergänzungen, auf die auch das Scheinwerferlicht geworfen werden muss: die Erzeugung eines einheitlichen Richterbildes auf der Qualitätsebene, die auch durch die ordentliche Gerichtsbarkeit erzeugt wird; Verfahrensordnung neu, denn die administrative Verfahrensvorschrift genügt dem kontradiktorischen neuen Verfahren nicht mehr; eine Verwaltungsgerichtsorganisation. Und vor allem gibt es eine weitere Neuerung – vor einem Jahr haben Abgeordneter Stefan und Kollegen einen diesbezüglichen Antrag eingebracht –, nämlich die Einführung der Gesetzesbeschwerde.
Die Einführung der Gesetzesbeschwerde soll heißen, dass eine verfahrensbetroffene Partei im ordentlichen Gerichtsverfahren den Antrag stellen kann, dass die zur Anwen-dung gelangende Norm vom Verfassungsgerichtshof auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden muss. Wenn der Antrag offenkundig ohne Substanz und aussichtslos ist, soll der Verfassungsgerichtshof, so wie jetzt auch, eine sinnlose Beschwerde im einfachen Dreiersenatsweg zurückweisen können. Wenn nicht, hat der Verfassungsgerichtshof die Prüfung vorzunehmen.
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