Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll155. Sitzung, 15. Mai 2012 / Seite 115

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Es ist typisch österreichisch, ist aber ein Problem. Wenn die Verwaltungsgerichtshöfe nicht Gerichtshöfe zweiter Klasse sind, muss es Ziel sein, dass zwischen den Gerichtshöfen der Justiz und jenen der Verwaltungsgerichtsbarkeit gewechselt werden kann.

Da ist aber Voraussetzung, dass es ähnliche Qualifikations- und Bestellungsvoraus­setzungen gibt. Das wird deutlich schwieriger, wenn es neun unterschiedliche Lan­desorganisations- und -dienstrechte gibt. Ein Entschließungsantrag versucht zu verhindern, dass hier die Dinge auseinanderlaufen, und einen Wechsel zu möglichen, nämlich auch einen Wechsel innerhalb der Landesverwaltungsgerichte. Es wäre absurd, wenn ein niederösterreichischer Landesverwaltungsrichter nicht nach Wien wechseln kann, weil es dort andere Voraussetzungen gibt. Das müssen wir im Auge behalten. Allerdings erkenne ich den Willen der fünf Parteien, genau das zu verhindern.

Zweiter Punkt – und das ist ganz wesentlich –: Es gibt ein Agreement, es gibt eine Zusicherung, dass eine höchste Sensibilität bei der Bestellung der Spitzen der Gerichtshöfe eingehalten wird. Was es nicht geben darf, ist – und das ist in Österreich leider Gottes sehr oft der Fall –, dass, wenn Strukturen und Behördenorganisationen neu geschaffen werden, geschaut wird, wen man personell wohin schieben kann. Es gibt die klare Zusage, dass es Transparenz bei den Bestellungen gibt und mögliche parteipolitisch motivierte Bestellungen verhindert werden.

Dritter Punkt – und da darf ich mich freuen –: Es ist ein rechtsstaatlicher Sündenfall beseitigt worden. Ich erinnere mich noch gut daran – ich war schon Abgeordneter, es war irgendwann vor vier oder fünf Jahren –, wie das Parlament in einem Anfall rechtsstaatlicher – wie soll ich sagen? – Verkennung den Instanzenzug im Asyl­verfahren zum Verwaltungsgerichtshof gekappt hat.

Das war ein Unikat, weil damit erstmals Rechtsschutzsuchende zweiter Klasse geschaffen wurden, nämlich alle, die im Asylwesen sind; die dürfen im Unterschied zu anderen, nämlich Häuselbauern et cetera, nicht zum Verwaltungsgerichtshof. Das ist beseitigt worden, und das ist gut so, ein großer Erfolg.

Vierter Punkt: Da viele Behörden jetzt im Bereich der Bundesverwaltungsgerichte aufgehen, entsteht im Bereich des Datenschutzes die Chance, eine neue Behörden­struktur zu schaffen, die nicht die Makel der alten Datenschutzkommission hat.

Dabei geht es zum einen um die nötige Unabhängigkeit gegenüber dem Bundes­kanzleramt, organisatorisch und personell. Sie wissen, da ist ein Vertragsverletzungs­verfahren im Rahmen der Europäischen Union anhängig. Wenn man jetzt eine neue Datenschutzbehörde schafft, könnte man hier gleich schauen, dass man das EU-konform umsetzt. Zweitens geht es darum, dass die personelle Ausstattung auch dieser neuen Datenschutzbehörde ihren immer bedeutender werdenden Aufgaben angemessen ist. Das ist mein großer Wunsch.

Letzter Punkt – auch das ist im Entschließungsantrag drinnen, ist sehr zukunfts­wei­send, und war uns wichtig –: Der Ausbau der Stellung von Legalparteien im Ver­waltungsverfahren.

Es gibt jetzt schon Legalparteien. Es gibt jetzt beispielsweise Umweltanwälte, Umwelt-NGOs wie den WWF, die im Verwaltungsverfahren als Legalparteien Parteienstellung haben und allgemeine Interessen im Zusammenhang mit dem Umweltschutz wahr­nehmen. Das Problem und das Defizit ist, dass diese Legalparteien bisher keinen Zugang zum Verfassungsgerichtshof hatten. Das ist ein massives Defizit, weil natürlich viele Dinge, die in diesen Verfahren geltend gemacht worden sind, letztendlich auch vor dem Verfassungsgerichtshof hätten geltend gemacht werden können.

 


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