Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll155. Sitzung, 15. Mai 2012 / Seite 144

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Parteien und politische Entscheidungsträger weiterhin getäuscht zu werden. Und die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, dass sämtliche Geldflüsse zu Parteien und politischen Entscheidungsträger offengelegt werden.

Das Gebot der Stunde ist daher eine umfassende Reform, die sicherstellt, dass künftig für den Bereich der Parteienfinanzierung tatsächlich lückenlose Transparenz gegeben ist.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien vorzulegen, das hinsichtlich der Transparenz von Parteienfinanzen folgende Mindestanforderungen erfüllt:

1. Spenden an politische Parteien müssen lückenlos offengelegt werden. Vom Spen­denbegriff darf es keine Ausnahmebestimmungen für Zuwendungen von bestimmten Einrichtungen oder Institutionen geben. Insbesondere allfällige Zuwendungen von freiwilligen Interessensvertretungen oder Berufsverbänden (z.B. Gewerkschaften, Industriellenvereinigung etc.) an politische Parteien müssen als Spende gelten und im Rechenschaftsbericht zu veröffentlichen sein.

2. Der Spendenbegriff soll nicht nur "Zahlungen" umfassen, sondern muss umfassend sein. Neben Geldspenden sollen auch Sachspenden, Kostenübernahmen, Personal­überlassungen und Überlassungen zu marktunüblichen Preisen sowie Rabatte als Spende gelten.

3. Spenden an eine Partei im Wert von über 500 Euro sollen zu veröffentlichen sein.

4. Die Annahme von Spenden von Unternehmen, die sich an Ausschreibungen der öffentlichen Hand beteiligen oder deren Aufträge ausführen sowie von Unternehmen, die öffentliche Beihilfen oder Förderungen bekommen, soll Parteien verboten sein.

5. Die Rechenschaftsberichte der Parteien müssen neben einer detaillierten Dar­stellung der Einnahmen und Ausgaben auch eine Vermögensdarstellung (Aktiva und Passiva) beinhalten.

6. Die detaillierten Transparenzregelungen der Rechenschaftsberichte müssen auch für Bezirks- und Gemeindeorganisationen der Parteien gelten und sollen entsprechend zu veröffentlichen sein.

7. Für Verstöße gegen das Gesetz müssen zwingend Sanktionen verhängt werden. Bei leichten Verstößen sollen Verwaltungsstrafen verhängt werden, bei vorsätzlichen und schweren Verstößen muss das Strafrecht zur Anwendung kommen. Die Verhängung von Strafen soll veröffentlicht werden.

8. Es muss eine unabhängige, weisungsfreie Kontrollbehörde eingerichtet werden, die die Einhaltung der Transparenz- und Offenlegungsvorschriften überwacht und umfas­sende Prüf- und Sanktionsrechte erhält.

9. Einnahmen durch Sponsoring und Inserate müssen nicht nur als Gesamtsumme, sondern - analog den Bestimmungen der Spendenliste - detailliert dargestellt und ver­öffentlicht werden.

10. Das Gesetz soll nicht nur Wahlparteien (Wahllisten) und in der Folge gewählte Abgeordnete hinsichtlich der Transparenzregeln und Sanktionen erfassen, sondern alle Kandidaten auf den Wahllisten.

11. Für die Umgehung der Transparenzbestimmungen oder Spendenverbote (zB durch die Stückelung anonymer Spenden) soll ein eigener Straftatbestand eingeführt wer­den.“

 


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