Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll159. Sitzung / Seite 74

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Ich verstehe es nicht, dass wir hier ganz saturiert diskutieren – ja, uns geht es eh noch ganz gut mit ungefähr 9 Prozent Jugendarbeitslosigkeit – angesichts des Umstandes, dass es in der Europäischen Union – und da sind wir dabei! – Länder mit 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit gibt. 50 Prozent! Wissen Sie, was das heißt? – Die Jugend hat dort keine Perspektive mehr – und wir sagen: Na ja, wir sind ohnedies noch relativ fein heraus mit unseren 9 Prozent!?

Das ist unser Europa, nicht irgendein ferner Kontinent – unser Europa! (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein) –, wo derzeit gerade die Lebensperspektiven junger Menschen verspielt werden, in die investiert wurde. Wir haben – jenseits von PISA – quer durch Europa derzeit sicher die bestausgebildete Jugend, und der müssen wir erklären: Keine Chance für euch, da habt ihr Pech gehabt, müsst ein paar Jahre warten!

Wissen Sie, was das heißt? Wissen Sie, was es heißt, wenn sozusagen das erwor­bene Wissen, die Bildung, die diese jungen Menschen haben, auch ihre Ideen, ihre Träume von einer besseren Zukunft, von einem besseren Leben von der Politik, von der Wirtschaft in Europa auf null gestellt werden? Wissen Sie, was das heißt? – Darü­ber müssen wir reden!

Wir müssen auch darüber reden, dass dieses Europa derzeit – jenseits dieser gravie­renden Arbeitslosigkeit von jungen Menschen, aber auch eines gravierenden Anstiegs von Arbeitslosigkeit insgesamt – eine Austeritätspolitik betreibt. Wie soll sich denn das ausgehen, meine sehr geehrten Damen und Herren? Wie soll denn dieses Europa zu Wachstum und Beschäftigung kommen, wenn alle öffentlichen Haushalte von den Staaten über die Länder bis zu den Gemeinden einsparen? Einsparen, und nur ein­sparen, nämlich ohne Sinn und Nachdenken!?

Selbstverständlich ist Effizienz in öffentlichen Haushalten gefragt. Das diskutieren wir in Österreich ja schon seit Jahren ohne Perspektive. Wir könnten schon längst einfa­chere Strukturen in manchen Bereichen der Verwaltung haben. – Da spießt es sich. Aber nur „sparen“ zu sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ange­sichts dieser verweigerten Perspektiven für die junge Generation wirklich das Allerletz­te. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage Ihnen auch, woran es noch mangelt. Es war schön, dass Kollege Weninger im Zusammenhang mit der Jugendarbeitslosigkeit das Beispiel Schweden gebracht hat (Abg. Grillitsch: Wöginger! Nicht Weninger! Wöginger!) – obwohl das gravierend ist: über 20, 23 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Kollege Weninger! (Rufe bei der ÖVP: Wöginger!) – Wöginger, Entschuldigung; ja, ich weiß, da gibt es noch einen anderen.

Herr Kollege Wöginger, ich glaube, der schwedische Ministerpräsident war vor ein paar Monaten bei Ihrer Partei und hat dort das schwedische Pensionsmodell als Zukunft für Europa gepredigt – also Anhebung des Pensionsantrittsalters. Ist Ihnen aufgefallen, dass das möglicherweise schon in einem Zusammenhang stehen könnte?

In Europa führen wir querdurch jede Woche eine Debatte, in der es heißt, wir müssten die Pensionssysteme ändern, das Pensionsantrittsalter auf 67, 70 oder gar 75 Jahre erhöhen, das tue uns gut, das tue der Wirtschaft gut. – Ich glaube nicht, dass das der Wirtschaft guttut, und vor allem glaube ich nicht, dass das den Menschen guttut.

Reden wir auch über den Zusammenhang zwischen Jugendarbeitslosigkeit und einer Zeitperspektive beziehungsweise über das Thema Arbeitszeitverkürzung, wo der Trend in Europa seit Jahren und Jahrzehnten – kann man eigentlich schon sagen – in die völ­lig andere Richtung geht! Wir haben einen Anstieg bei den täglichen Arbeitszeiten – trotz Arbeitszeitverkürzungen in den diversen Ländern –, bei den wöchentlichen Ar­beitszeiten, bei den jährlichen Arbeitszeiten, und bei den Lebensarbeitszeiten soll auch angehoben werden.

 


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