Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll161. Sitzung / Seite 163

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Der Kollege Kopf zückt jetzt schon (Abg. Kopf: Das ist ja unglaublich! Den Rech­nungshofpräsidenten zu vergleichen mit dem Nationalratspräsidenten! Das ist demo­kratiepolitisch unglaublich!) – Warum? Warum? Das ist genau der Punkt: Kontrolle auszuüben kann deutlich unbequemer sein als einen Vorsitz zu führen. Sie können noch einmal argumentieren, die Vorsitzführung muss auch hart durchgreifen, macht sich auch unbeliebt – aber der Rechnungshofpräsident mit Sicherheit auch: Der muss kontrollieren und auf die Zehen steigen. Argumentieren Sie einmal einen Unterschied zwischen einem Bundesminister und einem Parlamentspräsidenten! Ich finde das nicht nachvollziehbar. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wissen Sie das nicht?! – Abg. Vilimsky: Das ist ja peinlich! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Haben Sie die Prüfungen auch gemacht? – Das ist unfassbar!)

Zum Modell der ÖVP. – Von der SPÖ haben wir schon gehört, und das wird heute spannend sein, sie unterstützen das Modell Wahl mit einfacher Mehrheit, Abwahl mit Zweidrittelmehrheit. Ich finde, das ist ein gutes Modell, und auch den Vorschlag der Frau Präsidentin Prammer mit der Abkühlphase haben wir in unseren Antrag einge­arbeitet. Deswegen hoffe ich auf Ihre Zustimmung, auch bei der Fristsetzung.

Die Variante der ÖVP ist besonders originell. Die Variante der ÖVP sieht die Abwahl eines Präsidenten nur dann vor, wenn er Verfassungsbruch begeht und eine Freiheits­strafe ausfasst. – Interessant. Okay. Aber jetzt erklären Sie mir einmal, wo der Dritte Präsident überhaupt eine Möglichkeit hat, Verfassungsbruch zu begehen, außer er kapert ein fremdes Heer, marschiert in der Hofburg ein und setzt den Bundes­präsidenten ab. (Abg. Kopf: Und warum gibt es das dann beim Bundespräsidenten?) Sagen Sie mir bitte einen Anlassfall, wo in der Vorsitzführung als Dritter Präsident überhaupt die Verfassung gebrochen werden kann! Können Sie mir nur diese einzige Frage beantworten? Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Ich habe wirklich keinen Anlassfall gefunden. (Beifall bei den Grünen.)

Und eines auch noch: Also wenn jemand eine gerichtliche Freiheitsstrafe ausfasst, zu einer gerichtlichen Freiheitsstrafe verurteilt wird – als unbescholtener Bürger, unbe­scholtene Bürgerin kommt man nie in die Nähe einer unbedingten Freiheitsstrafe –, dann muss vorher schon einiges passiert sein. (Abg. Kopf: Von „unbedingt“ steht gar nichts drinnen im Antrag!) Meine Standards für einen Präsidenten des Nationalrates sind etwas höher. Ich glaube, bevor wir dorthin kommen, zu Verfassungsbruch und Freiheitsstrafe (Abg. Mag. Stefan: Zuerst einmal muss man gewählt werden!), wäre es durchaus sinnvoll, jedenfalls schon vorher zurückzutreten. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Klubobmann Kopf! Sie haben gesagt, Sie würden dem Präsidenten den Rücktritt nahelegen. Es ist offensichtlich, dass er das nicht tut und dass auch Klubobmann Strache zu schwach ist, um sich gegen die Burschenschaftler in den eigenen Reihen durchzusetzen (ironische Heiterkeit bei der FPÖ) und ihn zum Rücktritt zu zwingen. – Also Lachen ist meistens ein Eingeständnis von Schuld. Aber Sie können das inter­pretieren, wie Sie wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Bestimmung, die Sie jetzt als Lösung für die Abwahl vorsehen, würde ein ehemaliger Präsident des Hauses, nämlich Präsident Khol, als „Verfassungsschotter“ bezeichnen.

In diesem Sinne: Folgen Sie unserem Weg! Er ist systematisch mit der österreichi­schen Rechtsordnung komplett kompatibel, und es würde uns wirklich im Vertrauen der Bevölkerung einen Schritt voranbringen, wenn gezeigt wird: Wenn Verfehlungen passieren, gibt es auch eine Konsequenz vonseiten des österreichischen Parlaments. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer – auf Abgeordnete der Grünen weisend, die jeweils ein T-Shirt mit der Aufschrift „Martin Graf muss gehen!“ tragen, in Richtung der


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