Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll161. Sitzung / Seite 206

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17.43.04

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle ein paar grundsätzliche Überlegungen anstellen, nämlich zum einen folgende: dass wir in den letzten Jahren zwei Tendenzen beobachten können, was die Entwicklung des österreichischen Parlaments betrifft und was die Entwicklung der Europäischen Union betrifft.

Beginnen wir bei der Europäischen Union. Da haben wir eine Entwicklung, die seit Jahren Platz greift und wie folgt lautet: schrittweise, sukzessive werden von der EU den einzelnen Nationalstaaten Kompetenzen entzogen, es geht in Richtung eines EU-Superstaates, in Richtung eines EU-Einheitsstaates, in Richtung eines Modells der Vereinigten Staaten von Europa, wie das immer tituliert wird, das wir nicht wollen. – Das ist die eine Tendenz.

In der anderen Tendenz haben wir parallel dazu die Entwicklung – und die wird heute mit dieser ersten Lesung, die hier schon vielfach kritisiert wurde, fortgesetzt –, dass wir schrittweise, sukzessive, still und leise, ohne die Bevölkerung darüber zu informieren, die Souveränität Österreichs aufgeben, schrittweise die parlamentarische Mitbestim­mung dieses Hohen Hauses aufgeben und uns von dieser verabschieden.

Diese beiden Tendenzen muss man kritisch hinterfragen, diese beiden Tendenzen gilt es kritisch zu beleuchten, und diese beiden Tendenzen gilt es schlussendlich auch zu bekämpfen. Wir wollen keinen EU-Superstaat! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Wir wollen keine Aufgabe von österreichischer Souveränität nach Brüssel. Wir wollen ein starkes, eigenständiges, vom Volk gewähltes Parlament. Das sind die Grundprinzipien, die das BZÖ verfolgt.

Das sind auch die Grundprinzipien – wenn man jetzt eine historische Betrachtung anführt, meine Damen und Herren –, die die Gründerväter dieses vereinten Europa verfolgt haben. Das waren auch deren Grundprinzipien nach dem Zweiten Weltkrieg, nach dieser großen Katastrophe, unter dem Motto „Nie wieder Krieg!“ zu sagen: Wir schaffen einen Bund, einen gemeinsamen europäischen Bund von souveränen Natio­nalstaaten, die gemeinsam auf europäischer Ebene zusammenarbeiten, aber dabei souverän und eigenständig bleiben.

Das war der Grundgedanke der Gründerväter dieser Europäischen Union. Ich frage jetzt hier – und heute, im Jahr 2012, stellen wir uns alle diese Frage –: Was ist aus diesem Gedanken der Gründerväter geworden? Verfolgen wir ihn noch oder nicht? Was ist aus diesem Europa geworden? (Zwischenruf des Abg. Amon.) – Ich sage: Der Geist der Gründerväter dieses vereinten Europas wurde schon lange verraten. (Abg. Amon: Das stimmt ja nicht!) Meine Damen und Herren, das ist die Wahrheit, und das muss man zur Kenntnis nehmen! (Beifall beim BZÖ.)

Was hat man den Menschen nicht alles versprochen? Was hat man den Menschen nicht alles versprochen im Zuge der Entwicklung dieser Europäischen Union? – Ich erinnere nur an den EU-Beitritt 1994: „Der Schilling bleibt“, haben SPÖ und ÖVP plakatiert und inseriert, reihenweise. (Abg. Amon: Haben wir nicht plakatiert!) – Nicht gehalten, gebrochen haben Sie es!

Den „Ederer-Tausender“ haben Sie erfunden und versprochen: Jeder Österreicher und jede Österreicherin wird 1 000 Schilling mehr in der Tasche haben nach dem Beitritt zur EU. Was haben wir heute als Ergebnis, meine Damen und Herren? – Den Schilling haben Sie aufgegeben, dafür haben wir eine Euro-Krisenwährung bekommen, und vom „Ederer-Tausender“ hat bis heute niemand in diesem Land etwas gesehen! Im Gegenteil, die Menschen haben immer weniger Geld in der Tasche, können sich das Leben immer weniger leisten, wissen gar nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen.

 


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