Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 66

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man schreit: Wo ist sie denn, wo ist sie denn?, sondern dass man politisch europäisch dafür arbeitet und dafür kämpft. Das heißt arbeiten, das heißt europäisch politisch ar­beiten. Das ist Ihnen völlig fremd. Sie sind nämlich weder fähig noch willens, europä­isch zu arbeiten! (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

Das ist offensichtlich unser Job. Wir haben gemeinsam mit der grünen Familie in ganz Europa die Finanztransaktionssteuer von einer Forderung von ATTAC und den Grünen mittlerweile auf die Ebene des Europäischen Rates gehoben. Das ist eine Leistung der grünen Familie in ganz Europa. (Beifall bei den Grünen.)

Früher war es immer sehr einfach, sich hinter diesen Forderungen zu verstecken. Es hat immer geheißen, na ja, wir sind ja ohnehin für eine Finanztransaktionssteuer, aber so lange das nicht europaweit alle so sehen, geht das einmal nicht. Es waren Groß­britannien und Schweden, die das lange Zeit blockiert und verhindert haben. Doch der jetzige Fortschritt ist ein sehr konkreter. Er bedeutet, dass mittlerweile neun, vielleicht auch zehn – vielleicht werden es noch mehr Staaten sein –, sich bereit erklärt haben, diese Finanztransaktionsteuer tatsächlich einzuführen. Bis Ende des Jahres soll das geschehen.

Das ist ein wesentlicher Fortschritt, das hat es bis jetzt nicht gegeben, bis jetzt war hier Totalblockade. Und das nicht zu honorieren, das kann man nur dann, wenn einem die Bekämpfung der Spekulation kein Anliegen ist. Uns ist es das politisch wichtigste An­liegen, und deswegen honorieren wir auch diesen Erfolg. Der ist jetzt möglich gewor­den durch einige Änderungen, aber auch durch die Verhandlungen der Grünen zum ESM hier in diesem Haus. Es ist also auch ein Verhandlungserfolg.

Wenn Sie das nicht honorieren, ist mir unbegreiflich, was Sie überhaupt in der Politik wollen. Ich meine, als Oppositionspartei hätte ich mir schon von Ihnen erwartet, dass Sie beispielsweise auch stärkeren Widerstand leisten. Wenn ein Abgeordneter Werner Kogler Widerstand leistet, dann heißt das 13 Stunden Dauerrede im Ausschuss. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) Im Übrigen frei, mit Argumenten, nicht irgendetwas vorgele­sen. 13 Stunden Widerstand!

Was war bei Ihnen im Ausschuss? Ich meine, Sie waren nicht einmal fähig, die Aktuel­le Stunde zeitgerecht einzubringen. Also ich weiß nicht: Was ist das? (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich will mich jetzt nicht zu viel mit dem befassen, dass Sie weder fähig noch willens sind, Ihre demokratische Pflicht zu erledigen, nämlich als Abgeordnete zu arbei­ten, sondern ich möchte einmal sagen, was jetzt die nächsten wichtigen Schritte sind. Man muss in einer Krise einen Schritt nach dem anderen setzen, und ein wichtiger Schritt ist jetzt mit dieser Entschließung, mit dieser Schlussfolgerung des Europäischen Rates in Form der Finanztransaktionssteuer auch tatsächlich geschehen. Aber das reicht nicht, das reicht bei weitem noch nicht.

Unser zweites wichtiges Anliegen ist neben verantwortungsvollem Umgang mit Steuer­geld – ja, auch mit österreichischem Steuergeld, das ist wichtig – aber nicht Sparen um jeden Preis, blindes, völlig unausdiskutiertes Sparen, wie das im Fiskalpakt aus meiner Sicht geschehen soll, sondern wir wollen auch Investitionen. Europa braucht Investi­tionen, Europa braucht auch einen Umbau in eine ökologischere und solidarischere Wirtschaftsstruktur. Das ist unser nächstes Ziel. Das müssen wir erreichen.

Am Ende muss auch so etwas wie ein Neustart für die europäischen Strukturen stehen. Auch das haben wir mit der Regierung verhandelt. Es wird eine Initiative zu ei­nem Europäischen Konvent geben. Ich halte das für extrem wichtig. Wir brauchen eine Diskussion, eine breite Debatte in ganz Europa mit Beteiligung von NGOs, Bürgerinnen und Bürgern: In welche Richtung soll sich Europa entwickeln? Was ist die neue wirt­schaftspolitische Grundlage für unsere gemeinsame Europäische Union? Das muss


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