Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 99

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denkreuz ihrer Spekulationen nehmen würden? – Das wäre ja viel einfacher. Aber sie tun es deshalb nicht, weil diese Länder solide wirtschaften. Und andere eben nicht, so wie Griechenland, Spanien, Italien, Portugal; die Liste ist ja schier endlos.

Das heißt, das Problem ist ja nicht, dass jene Länder abgeschnitten sind von billigen Krediten, sondern das Problem ist, dass jene Länder nicht verstanden haben, dass ho­he Zinsen immer ein politisches Versagen bedeuten. Das zeigt sich in der Geschichte der Finanzkatastrophen, und da hatten wir ja schon viele.

Wenn Sie 600 Jahre zurückschauen: Wir hatten sehr, sehr viele Finanzkatastrophen. Letztlich war immer ein politisches Versagen der Grund dafür, dass die Zinsen ausge­ufert sind, denn jeder, der einem Staat Geld gibt, hat ja Interesse daran, das Geld wie­der zurückzubekommen! Wenn das in Gefahr ist, dann bekommt man entweder gar kein Geld, oder man muss eben dementsprechend einen Risikoaufschlag zahlen.

Genau das erleben wir. Wenn wir jetzt mit diesem ESM hergehen, diesen Risikoauf­schlag künstlich auf null reduzieren und es jenen Ländern ermöglichen, sich wieder bil­lig zu verschulden, na, was glauben Sie, wird dann passieren? – Es wird genau das passieren, was in der Vergangenheit immer passiert ist: Jene Länder haben dann ein­fach keinen Reformdruck mehr!

Schauen Sie sich Griechenland an, schauen Sie sich an, was dort passiert ist! Nach­dem wir ihnen über 100 Milliarden € geschenkt haben – über 100 Milliarden haben wir ihnen erlassen –, plus die Direkthilfen, wo wir allein 2,5 Milliarden € gezahlt haben, was haben sie denn gemacht als schönes Dankeschön? Haben sie sich reformiert? Haben sie ihr Staatswesen in Ordnung gebracht? Haben sie ihr Finanzsystem in Ordnung ge­bracht? Haben sie ihre Steuern eingetrieben? – Nein!

In Griechenland sieht es immer noch so aus wie vor der Krise, und kein Mensch küm­mert sich darum. Warum? – Das Geld fließt ja ohnehin! Es gibt keinen Grund, es gibt für die Griechen keinen Grund, etwas an ihrer Lage zu ändern, denn das Geld kommt vom großen Onkel aus der EU. Der schickt das Geld, also wird nichts passieren.

Wenn wir uns die Geschichte der Griechen anschauen, dann wissen wir, dass die Grie­chen nach dem Zweiten Weltkrieg praktisch immer pleite waren. Es ist tragisch: In den letzten 200 Jahren waren die Griechen 100 Jahre pleite. Es ist ein Teil der griechi­schen Kultur, pleite zu sein. Die Griechen haben gewaltig viel Erfahrung damit, die le­ben ganz gut damit. Genau deshalb: Hätten wir sie auch pleitegehen lassen! Dann hät­ten sie von den Finanzmärkten eine gewisse Zeit kein Geld mehr bekommen, und sie hätten mit ihrem eigenen Geld auskommen müssen. Das ist der Punkt!

Genau das Gleiche verlange ich auch von den anderen Ländern wie Spanien oder Italien: dass sie endlich aufhören, neue Schulden zu machen. Natürlich werden sie pleitegehen! Natürlich, ein Land, das seine Schulden nicht mehr bedienen kann, geht pleite. Schauen Sie sich die Geschichte an! (Abg. Kopf: Und dann?) Schauen Sie sich die Geschichte an.

Und dann? Genau: Was passiert dann, wenn ein Land pleitegeht? – Es ist erstens von neuem Geld abgeschnitten. Das heißt, es kann nicht neue Schulden machen, was ja gut ist. Und es ist zweitens – und das ist das Wichtigste – verpflichtet, Reformen durch­zuführen, Reformen zu machen, um die Wirtschaftskraft wieder auf solide Beine zu stellen. Aber genau das verhindern wir mit dem ESM!

Sie sagen, wir retten den Euro. – In Wirklichkeit treiben Sie ihn in den Untergang, weil Sie das machen, was das Problem erzeugt hat: Sie machen nämlich mehr Schulden! Das Problem waren ja die Schulden, und der ESM macht jetzt wieder neue Schulden! Wie kann man denn eine Schuldenkrise mit neuen Schulden bekämpfen? – Es muss doch jedem einleuchten, dass das nicht funktionieren kann!

 


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