Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 110

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Stabilitätshilfen ist an strenge Auflagen gebunden. (Abg. Bucher: Die sind gelockert worden!) Das ist das, was wir heute beschließen, Herr Kollege Bucher. Und „unab­dingbar“ heißt: wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt.

Die Euro-Zone ist in einer misslichen Lage, gar keine Frage, aber „unabdingbar“ heißt: wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt. Und jetzt frage ich Sie: Wer kann dagegen sein, dass die Stabilität unserer Sparguthaben, unserer Pensionen, unserer Löhne und Gehälter erhalten bleibt? Ehrlich gesagt, da kann doch niemand dagegen sein. Wir stellen uns mit diesem ESM schützend vor die Stabilität unserer Pensionen, Spargut­haben, Löhne und Gehälter, meine Damen und Herren. Wer das ablehnt, ist eigentlich gegen die Stabilität.

Lieber Kollege Bucher, du hast heute gesagt – und das wundert mich auch, weil einen gewissen wirtschaftlichen Sachverstand hast du ja –, der Euro ist eine Misserfolgs­story. Ich stelle dem gegenüber: Der Euro ist eine Erfolgsstory. Und wir haben auch keine Euro-Krise. (Abg. Grosz: Wir haben keine Euro-Krise?! Das ist aber eine ge­wagte Aussage!)

Ich bringe drei Beispiele: Der Euro ist heute neben dem Dollar die zweitwichtigste Welt­währung, ein Viertel aller Weltwährungsreserven wird in Euro gehalten, der Euro ist un­gefähr um 30 Prozent höher bewertet als der Dollar. Das ist eine Erfolgsstory, meine Damen und Herren! Es ist auch kein Zufall, nur um ein Beispiel zu sagen, dass seit Einführung des Euro – das weist die Notenbank ständig nach – die Inflationsrate ge­ringer ist als in den letzten Jahren vor dem Euro. (Abg. Bucher: Was ist mit der Ar­beitslosigkeit? Was ist mit dem Wirtschaftswachstum?) Die genauen Zahlen kannst du immer in der Notenbank abfragen.

Die Exportquote, lieber Freund, war vor Einführung des Euro ungefähr 52 Prozent bei Waren und Dienstleistungen, heute liegt sie bei fast 60 Prozent. Warum? Kannst du dich noch daran erinnern, wie die Exportwirtschaft darunter gelitten hat, als über Nacht die Lira um 30 Prozent abgewertet wurde? (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Unsere Exportwirtschaft – und 60 Prozent unseres Wohlstandes hängen vom Export ab – braucht verlässliche und stabile Rahmenbedingungen. Und die wollen wir erhalten. (Abg. Bucher: Ja, aber um welchen Preis?)

Natürlich ist der ESM – Kollege Peter Wittmann hat das schon gesagt – kein Allheil­mittel, aber es ist ein notwendiger Mechanismus, um die Stabilität zu erhalten. Dane­ben brauchen wir natürlich viele andere Maßnahmen. Wir brauchen, was ich hier schon wiederholt gesagt habe, das strategische Dreieck zwischen Budgetkonsolidierung, Wachstumsimpulsen und Strukturreformen. Das brauchen wir natürlich auch, aber der ESM stellt einmal sicher, dass keine Liquiditätsengpässe eintreten.

Ich sage es einmal ganz simpel, das versteht jeder, das versteht man an allen Stamm­tischen: Wir haben leider – ob wir das wollen oder nicht – eine globale Finanzspeku­lation. Wir haben heute eine Finanzwirtschaft, die sich weltweit völlig von der Realwirt­schaft entkoppelt hat. Da werden auf Knopfdruck jeden Tag Billionen von Euro und Dollar um die Weltkugel gejagt. Ja glaubt irgendjemand, dass ein kleines Land allein, das Schulden hat, sich da einer Attacke entziehen kann?

Wenn Europa, das zusammen die stärkste Volkswirtschaft der Welt ist, gemeinsam auftritt, hat der ESM allein schon eine präventive Funktion. Wenn die Spekulanten wis­sen, im Zweifelsfall steht der ESM, steht Europa hinter diesem Land – egal, ob das jetzt Griechenland heißt, Italien oder Spanien –, dann schaut die Lage schon ganz an­ders aus. Also wir brauchen das an sich auf Grund einer Tatsache, die wir alle nicht wollen, aber wir haben eben die globale Finanzspekulation, und die kann jedes Land in den Konkurs treiben. (Abg. Bucher hält das Buch „Mehr Wettbewerb wagen“ in die Höhe.)

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite