Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 263

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Zum Ersten haben Sie im Zusammenhang mit meinem Antrag gesagt, es gibt kein ein­ziges Lehrlingsgehalt, das unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt. – Ich kann Ihnen zum Beispiel den Bäckerlehrling im ersten Lehrjahr nennen, der 417 € pro Monat verdient. (Abg. Öllinger: Zahntechniker!) Wenn ich jetzt die Sozialversicherungsbeiträge abzie­he, dann sind wir bei 374 €, also unter der Geringfügigkeitsgrenze.

Der Unternehmer muss aber 14 Mal die 417 € bezahlen. Das heißt, mit den Dienstge­berbeiträgen kommt er auf 6 000 €. Der Lehrling arbeitet aber letzten Endes nur acht bis neun Monate im Betrieb, das heißt, der Unternehmer kommt auf Kosten von 660 €.

Und genau das ist das Problem: Wenn ein Unternehmer zum Beispiel einen Studenten beschäftigt, dann ist dieser ganzjährig bei den Eltern mitversichert, und der Arbeitgeber muss nur den produktiven Zeitraum bezahlen. Zum Beispiel bei einem Kellnerlehrling kann er sagen: Bevor ich einen Lehrling nehme, nehme ich lieber einen Studenten – dem zahle ich im Verhältnis mehr, aber er kommt mir billiger, weil ich diese Neben­kosten nicht zu tragen habe.

Es gibt dann noch den Angestellten im Güterbeförderungsgewerbe, und der bekommt überhaupt nur 390 € pro Monat. Da brauchen wir überhaupt nicht weiterzureden, da sind wir sofort mit den Sozialversicherungsbeiträgen darunter.

Die zweite Behauptung, die Sie aufgestellt haben, lautet, die ÜBA-Lehrlinge würden nur im ersten Lehrjahr in den Lehrwerkstätten beschäftigt, dann käme die Überleitung in die betriebliche Ausbildung.

Jetzt haben wir im Wirtschaftsausschuss einen Bericht zur Situation der Jugendbe­schäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2010 und 2011 erhalten, und da wird berichtet von 10 000 Lehrlingen in der ÜBA; Tendenz steigend. Davon wechselt nur ein Drittel in die betriebliche Ausbildung. Es wechselt übrigens auch ein großer Teil in die Arbeitslosigkeit.

Eines ist klar: Die betriebliche Lehrlingsförderung wird mit nur rund 156 Millionen gefördert. Die ÜLAs kosten uns 230 Millionen, rund 18 000 € pro Lehrling. Da könnte man wirklich überlegen, ob man nicht die Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, mehr för­dern sollte.

Abschließend möchte ich mich bei allen Lehrherren der betrieblichen Ausbildung be­danken, denn unsere Lehrlinge sind im internationalen Vergleich Welt- und Europa­meister. Hier kann unser schulisches Ausbildungssystem im internationalen Vergleich noch einiges lernen. (Beifall bei der FPÖ.)

22.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


22.51.11

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Ich bin nicht ganz glücklich, dass wir wieder so partiell, mit einzelnen, relativ klei­nen Anträgen das Thema „Lehrlingsausbildung“ diskutieren. Denn: Ich denke, womit wir uns auseinandersetzen müssen, ist, dass das duale Ausbildungssystem ein Er­folgsmodell war. Es war erfolgreich! Mittlerweile sind wir mit einer ganzen Reihe von Problemen in diesem Zusammenhang konfrontiert. Das sage nicht nur ich, sondern das sagen auch Experten und das können Sie letzten Endes auch in dem Bericht des Wirtschaftsministeriums zur Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung nachlesen.

Ich denke, wir müssen uns mit dieser Realität einfach intensiver auseinandersetzen. Ich möchte da nur auf einige Punkte eingehen, die dringenden Handlungsbedarf sicht­bar machen.

 


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