Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 213

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

sich gleich wieder aufregen –, ist – und das dringt aus jeder Pore dieses Antrags, obwohl man von „Antragsporen“ nicht sprechen kann, also vielleicht aus jeder Faser dieses Antrages –, dass sie die Mutter als Gebärmaschine in den Mittelpunkt stellen. Das liegt beiden Anträgen zugrunde, und da machen wir sicher nicht mit.

Das Erfreuliche ist, dass da auch die Regierungsparteien nicht mitmachen. Es ist nicht so oft üblich, dass Anträge im Ausschuss tatsächlich positiv oder negativ abgestimmt werden, das wissen Sie. Anträge werden üblicherweise vertagt. Glücklicherweise sind diese Anträge nicht vertagt worden, sondern wir konnten sie vollen Herzens ablehnen.

Die Anträge, die heute zur Zuverdienstgrenze eingebracht werden, werden wir auch nicht unterstützen, und zwar aus altbekannten Gründen. Ich wiederhole sie sehr gerne. Sehr wohl wurde in der Evaluierung, die Professor Mazal vorgestellt hatte, die Zuver­dienstgrenze debattiert und zur Disposition gestellt, aber nicht dahin gehend, dass sie gänzlich abgeschafft werden soll. Das ist aus unserer Sicht auch nicht sinnvoll, vor allem frauenpolitisch nicht sinnvoll.

Stellen Sie sich vor, wir haben keine Zuverdienstgrenze! – Dann besteht die Gefahr, dass in den Monaten, in denen vor allem die Väter die Kinderbetreuung übernehmen, sie einerseits Kinderbetreuungsgeld beziehen, andererseits aber auch – nicht, weil sie unter Umständen so böswillig sind, sondern weil es existenziell notwendig ist – einer Zuverdienstmöglichkeit nachgehen, die vielleicht sogar bis zu 40 Wochenstunden in Anspruch nimmt. Das wäre absolut kontraproduktiv, was Väterbeteiligung betrifft.

Wir gehen da einen anderen Weg: nur mehr eine Variante, eine einkommens­abhän­gige Variante und Zuverdienstgrenzen, die entweder in Geld oder in Zeit regulieren, sicher eine Unterscheidung zwischen jenen Menschen, die wenig verdienen, und allen anderen, die viel verdienen. Aber eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze unter­stützen wir sicher nicht.

Anders verhält es sich mit dem Antrag bezüglich der Pflegefreistellung. Einen ähn­lichen Antrag haben auch wir eingebracht – er liegt auch im Ausschuss, weil schon mehrfach vertagt –, in dem es eben darum geht, wirklich auch den Familiensituationen angemessene neue Regelungen zu schaffen. Es ist tatsächlich nicht einzusehen, warum man nur fünf Tage hat, ungeachtet dessen, wie viele Kinder man hat. Es ist auch tatsächlich nicht einzusehen, warum getrennt lebende Elternteile, die sich aber im gleichen Ausmaß kümmern, keine Pflegefreistellung erhalten sollen. Das unterstützen wir vollinhaltlich.

Dass es viel im Bereich der Familienpolitik braucht, wissen wir, beginnend bei den Familienleistungen, die undurchsichtig sind, die überarbeitet gehören, über die Kinderbetreuungssituation, die ja durchaus auch ein wichtiges bildungspolitisches Anliegen ist – auch dazu liegt ein Antrag von uns im Ausschuss, der vertagt wurde, nämlich dass Bildung in Bundeskompetenz kommt, damit eben alle Kinder in ganz Österreich die gleichen Situationen vorfinden –, bis hin zur Frage, welche Familien denn überhaupt von der Politik dieser Regierung gemeint werden. In der Vergan­genheit waren es die gut und besser verdienenden Familien, siehe Familienentlas­tungspaket, Steuerentlastungspaket 2009, oder eben nur Familien, die Ihrem Ideal entsprechen, nämlich Vater, Mutter, Kind.

Wir meinen auch alle anderen Familien. Wir meinen die nicht so gut und besser verdienenden Familien, die dringend Unterstützung benötigen, wir meinen gleichge­schlechtliche Partner, wir meinen Patchworkfamilien, wir meinen Familien mit Migra­tions­hintergrund, wir meinen Einpersonenfamilien und viele mehr, und ich hoffe, dass Sie sich irgendwann einmal unserem Familienbegriff anschließen können und dann auch die entsprechende Politik machen. (Beifall bei den Grünen.)

20.04

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite