Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung / Seite 77

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Ich möchte vorausschicken, dass mittlerweile 21 von 27 EU-Staaten ein Profiheer ha­ben. (Abg. Ing. Hofer: Was bezahlen die? Was kostet das?) Das kann ja nicht so falsch sein. Wir sind nur mehr im Verbund mit Griechenland, Zypern und Estland, um drei Staaten zu nennen (Abg. Dr. Fichtenbauer: Ich wüsste nicht, dass wir mit Grie­chenland einen Militärpakt hätten! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), daneben gibt es noch Finnland und Dänemark.

Ich möchte gleich auf diesen Zwischenruf eingehen: Die Neutralität beispielsweise, zu der ich zu 100 Prozent stehe, hat mit der Frage Berufs- oder Profiheer überhaupt nichts zu tun – ich bin ein Verfechter dieser Neutralität. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Staaten wie Irland und Schweden sind allianzfrei oder neutral und haben ebenfalls ein Berufsheer.

Ich möchte diese Diskussion versachlichen – ich bin mir nicht sicher, ob es gelingen wird, weil ich schon von den Zwischenrufen her das Gefühl habe, dass eine Versachli­chung gar nicht angestrebt wird – und Folgendes zur Sicherheitslage in Europa sagen: Welche Szenarien gefährden Österreich, welche Szenarien gefährden Europa im Jah­re 2012? Was ist sozusagen die Grundlage unserer Sicherheit? – Eine völlig andere Grundlage als vor einigen Jahren.

Die Panzerschlacht im Marchfeld ist passé – ich glaube, darin sind wir alle uns doch ei­nig –, die Herausforderungen sind andere. Der Eiserne Vorhang ist Gott sei Dank ge­fallen, wir waren alle dafür. Wir sind jetzt in einem vereinten Europa, wo ich nicht das Gefühl habe, dass wir von benachbarten Staaten angefeindet werden, wo es eine mili­tärische Bedrohung geben kann.

Die Bedrohungen sind völlig andere:

internationaler Terrorismus – Sie erleben das ja täglich, man braucht nur die Zeitungen zu lesen, dann weiß man, dass das eine sehr massive Bedrohung ist, auch für Öster­reich –,

die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen,

das Scheitern von Staaten – man sieht das ja täglich, etwa auch am Arabischen Früh­ling, daran, wie es jetzt mit dem Arabischen Frühling weitergeht, man sieht, dass es nicht so einfach ist, dort demokratische Strukturen einzuziehen –,

Cyber Attacks, also über Computer gestartete Attacken auf Staaten, Institutionen, Be­drohung strategisch wichtiger Infrastruktur – auch in Österreich nicht von der Hand zu weisen –,

Klimawandel, Umweltschäden, technische Katastrophen wie beispielsweise Atom­unfälle.

All das sind Punkte, die innerhalb der Koalition – das möchte ich heute auch ganz be­wusst ansprechen – unbestritten sind. Wir, SPÖ und ÖVP, haben im März des Jah­res 2011 im Ministerrat eine Sicherheitsstrategie einstimmig beschlossen, in der genau diese Punkte, die ich Ihnen jetzt dargelegt habe, als die zukünftigen Bedrohungssze­narien für die Republik Österreich festgehalten sind. Worin Uneinigkeit besteht, ist die Frage, wie man auf diese Bedrohungen angemessen reagiert: entweder mit einem mo­dernen Profiheer, wie ich es vorschlage, oder mit dem veralteten System der Wehr­pflicht, wie es von der ÖVP vorgeschlagen wird. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Darüber wird die Bevölkerung im Jänner des Jahres 2013 zu entscheiden haben. Aus meiner Sicht kann man diese Frage nur mit einem Satz beantworten: Sicherheit braucht Profis. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Ja, vor allem an der Spitze!)

 


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