Alle, die dieser Perspektive kritisch gegenüberstehen, zumal auch die Freiheitliche Partei, werden mit abfälligen Bemerkungen wie, man verstünde die Sache nicht, und dergleichen konfrontiert.
Die politische Debatte, zu einem überwiegenden Anteil auch im Parlament, lässt Redlichkeit und Gedankenschärfe nicht zu. Man ist aufseiten der Koalition bemüht, die kritische Auseinandersetzung durch ein oberflächliches Beantwortungsszenario zu ersetzen.
Folgende Positionen und Grundauffassungen, die seitens der Freiheitlichen Partei vorgebracht werden, beschreibe ich kurz.
Auch im Ergebnis von kritischen Denkern aus dem Ausland sei festgehalten, dass der Euro offenkundig ursprünglich dazu gedacht war, die politische Union zu erzwingen, die man auf direktem Weg nicht meinte durchsetzen zu können. So soll nunmehr die politische Union erzwungen werden, um den Euro zu retten.
Von dieser Grundformel ausgehend müssen wir erkennen, dass der wesentliche Eingriff in die Finanzpolitik und die finanzpolitischen Strukturen im Wege völkerrechtlicher Verträge angegangen wurde, mit dem eindeutigen Ziel, sich nicht die Mühe antun zu müssen, den Vertrag von Lissabon zu ändern. Eine zutiefst europapolitische Eingriffsstruktur in die Vertragsrechtslage wurde also im Wege der völkerrechtlichen Ebene und nicht im Wege der Vertragsrechtsänderung von Lissabon angegangen.
Damit wurde eine grundsätzliche Kehrtwendung, was die Grundbedingung des historischen Vorgehens bei Einführung des Euro betrifft, nämlich dass der Euro keine Schuldenunion, kein Bail-out sein sollte, vorgenommen. Mit dem ESM – und das kritisieren wir – wird de facto eine Schuldenunion herbeigeführt, und zwar vertragswidrigerweise und unter einer eigentlich historischen Täuschungsabfolge im Verhältnis zu dem, was seinerzeit versprochen worden ist.
Es wird uns auch niemand davon abbringen, dieses kritische Momentum – und da sind wir europaweit nicht die Einzigen – vorzubringen.
Nummer zwei: Der tiefe negative Schritt betreffend die Funktionsebene des Euro war schließlich erreicht, als nicht passende Volkswirtschaften in den Euroraum einbezogen wurden; Stichwort Griechenland. Die Schädigung, die damit zwangsläufig auch für die betroffenen Länder einhergegangen ist, war nicht nur die Schwächung der Souveränitätsebene dieser Länder, weil die für diese Länder typische Fähigkeit, mit ihren Währungs- und Finanzkrisen umzugehen, beseitigt wurde, sondern sie müssen im Rahmen des Korsetts des Eurorettungsschirms auch Auflagen erfüllen, die sie eindeutig nicht erfüllen können.
Wenn also im Zusammenhang mit der Eurokrise oder der Schuldenkrise die Perspektive zu einem vertieften Europa, zu einem Mehr an Europa gemeint ist, so kann das ja nur heißen, dass die gegenwärtige Vertragslage in Richtung eines europäischen Zentralstaates geändert werden soll. Das hieße also, dass – im Unterschied zur jetzigen Situation – noch ein erhebliches Maß an nationalen Souveränitäten an eine – wie immer geartete – zentrale europäische Stelle verlagert werden soll.
Ich frage daher kritisch: Wollen Sie wirklich intellektuell redlich die Meinung vertreten, dass Länder von einem derart unterschiedlichen Verfassungszustand, wie Österreich, Deutschland, England, Frankreich – Frankreich, das enorm unter der zentralistischen Struktur leidet, die die Handlungsfähigkeit, die Flexibilität der Provinzen eindeutig schwächt –, wollen Sie wirklich solch ein politisches Ziel redlich als Heilmedizin für die Eurokrise ausgeben, oder wäre nicht vielleicht doch das besser, was auch von anderen gründlichen Denkern in diesem Zusammenhang gefordert wird, nämlich eine Revision des jetzigen Euroraum-Modelles anzudenken? – Ich füge hinzu, es sollte Schluss sein
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