Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll171. Sitzung / Seite 23

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tung und hat an und für sich einen Charme im Hinblick auf die bürokratische Entlas­tung. Es hat aber in der Umsetzung seine Tücken, man muss nämlich zuerst klären: Wollen wir nur solch eine Gesamt-„Flat Rate“, wie Herr Bucher vorgeschlagen hat, und damit das Versicherungssystem aufgeben? Dann gibt es keine Pensionsversicherung mehr, dann gibt es keine Sozialversicherung mehr, dann gibt es keine Arbeitslosen­versicherung mehr, sondern nur mehr Steuern, und alles müsste aus dem Steuertopf finanziert werden.

Ich bekenne mich aber zum Versicherungssystem, und es gibt einen sehr breiten Kon­sens in dieser Republik, ich glaube, auch beim Sozialminister, dass wir unser Versiche­rungssystem – Sozialversicherung, Pensionsversicherung, Arbeitslosenversicherung, wo wir Prämien bezahlen – nicht aus den Augen verlieren wollen. Und daher hat das Modell da seine Schwächen. Das müsste man vorher klar diskutieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Bucher: Eine Sozialversicherung für alle!)

Zur „Flat Rate“: Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in unserem Steu­ersystem über weite Bereiche einen Steuersatz, den man als „Flat“ bezeichnen kann, weil es ein Prozentsatz ist, egal, wie hoch die Bemessungsgrundlage ist. Sie kennen es alle: 25 Prozent bei der Sparbuchsteuer, egal, wie viel am Sparbuch liegt, 25 Pro­zent bei der Wertpapiersteuer, 25 Prozent bei der Körperschaftsteuer, 25 Prozent bei den Stiftungssteuern. Das heißt, wir kennen in unserem Steuersystem über weite Be­reiche diese 25 Prozent – aber nicht bei den Arbeitseinkommen. Da beginnen wir gleich einmal mit 36,5 Prozent, und zwar für alles, was über 11 000 € ist. Und das, mei­ne sehr verehrten Damen und Herren, halte ich für leistungsfeindlich und ungerecht, und daran müssen wir arbeiten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Bucher: Warum machen Sie nichts?)

Wir haben in unserem Steuersystem neben diesem hohen Einstiegssteuersatz und ne­ben der Tatsache, dass der Mittelstandsbuckel die meiste Last trägt, noch ein weiteres Manko, das man eigentlich reformatorisch beseitigen sollte – darüber sind sich die Ex­perten auch einig –: Es gibt 560 Ausnahmen in unserem Einkommen- und Lohnsteu­ersystem! Ich nenne das charmant immer so: Das sind die zünftlerischen Privilegien. Das heißt, jede Zunft – und da ist keine ausgenommen – hat ein besonderes Privileg im Steuersystem. Das haben sich die Funktionäre, die Interessenvertreter, die Sozial­partner über die Jahrzehnte verhandelt. Damit wir aber dieses System verändern kön­nen, nämlich diese Privilegien im Steuersystem abbauen können, dieses Dickicht durchforsten können, müssen wir uns genau anschauen: Was davon ist noch gerecht­fertigt, was davon könnte man fallen lassen, wenn man insgesamt den Tarif senkt?

Daher: Es gibt Probleme oder Schwächen in unserem Einkommensteuersystem, und ich bin gerne bereit, gemeinsam daran zu arbeiten. Der Vorschlag vom BZÖ insge­samt, nämlich im Hinblick auf Steuer- und Sozialabgaben, würde in diesen beiden Be­reichen eine Lücke von 20 Milliarden € verursachen. 20 Milliarden € sind natürlich eine schöne Steuerentlastung, aber dann können wir unseren Wohlstand, unseren Wohl­fahrtsstaat, unser Sozialsystem so nicht mehr aufrechterhalten. Auch das muss man der Bevölkerung fairerweise sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Man soll den Menschen nicht Sand in die Augen streuen. (Abg. Ing. Westenthaler: Keinesfalls Schotter!) Das heißt, alles, was so toll klingt, ist, wenn es um Entbürokra­tisierung geht, auch mir ein Anliegen, ist, wenn es um Senkung des Spitzensteuer­satzes oder des Einstiegssteuersatzes geht, auch mir ein Anliegen, ist, wenn es darum geht, den Mittelstandsbuckel abzubauen, auch mir ein Anliegen. Wenn es darum geht, die Familien zu entlasten, dann bin auch ich Gesprächspartner, auch ich möchte das haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Modell mit 39 Prozent, das über­wiegend Pensionisten und Lehrlinge in Milliardenhöhe belastet, denn das sind jene, die


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