Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll171. Sitzung / Seite 35

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Aber zuerst einmal, sozusagen dem Usus folgend und den eigentlich Debattenbeitrag aufnehmend, zur Frage der Vermögensverteilung und der Steuergerechtigkeit. Es ist doch immer das Gleiche, wenn die ÖVP hier herausgeht und dazu etwas sagt. Sie haben es auch noch nicht gelernt. Es hat ja der Kanzler Schüssel die Wahl im Jahr 2006 deshalb verloren, weil er zu Recht die Bezeichnung „sozialer Kühlschrank“ mit sich herumgeschleppt hat, aber jetzt hüpfen uns schon dauernd die Gefriertruhen entgegen. So, wie Sie das angegangen sind, Herr Klubobmann Kopf, diese Schwadro­niererei über Gerechtigkeit und Gleichheit und dann wieder Chancengleichheit – das mag alles in einem begriffsphilosophischen Seminar Platz haben, aber so, wie Sie das angeordnet haben, haben Sie sich hier nur die Verkleidung eines ideologischen Trieb­schwätzers übergezogen (Heiterkeit des Abg. Ing. Westenthaler) – ganz eindeutig.

Schauen Sie, es ist doch vollkommen klar, dass „Gerechtigkeit“ ein Begriff ist, über den man philosophieren und streiten kann. Aber es war doch die Frau Bundesministerin, die hier nach Leistungsgerechtigkeit gerufen hat – und der sehen wir uns auch ver­pflichtet, keine Frage –, und Sie haben die Chancengleichheit moniert. Aber vor dem Hintergrund der diese Woche vorgelegten Studie der Oesterreichischen Nationalbank – im Übrigen im Auftrag einer europäischen Institution und nicht von einem SPÖ-Partei­tag; also das würde ich mir ja auch nicht gefallen lassen an eurer Stelle – ist der Be­fund eindeutig: Zwar ist es so, dass die Einkommensverteilung in Österreich und auch die steuerlichen Eingriffe hier zu ganz passablen Ergebnissen führen – ich würde mich da anschließen, Frau Bundesministerin –; umso dramatischer ist aber das Ungleich­gewicht und damit die Ungleichheit bei den Vermögen.

Jetzt mag man schon sagen, das ist auch alles einmal erwirtschaftet worden und schon versteuert, aber wissen Sie, Herr Kollege Kopf, mit diesem Schmäh müsste ja über­haupt fast jede Steuer abgeschafft werden, außer der Einkommensteuer – jedenfalls auch die Mehrwertsteuer auf Wurstsemmeln, denn in der Regel werden Sie ja wohl Ihr Einkommen, wenn Sie sich dann eine Wurstsemmel kaufen, vorher hoffentlich versteu­ert haben. Und insofern ist das kein Argument gegen Steuern, die auf besonders hohe Vermögen abzielen.

Und ich komme da nur zu einem einzigen Punkt – Stichwort: Chancengleichheit, Stich­wort: Leistungsgerechtigkeit –:

Wie würden Sie das bezeichnen – und ich beziehe mich hier auf ganz hohe Erb­schaften, „Millionenerben“, wie die SPÖ sagt; zumindest plakatieren sie es dann wie­der, rechtzeitig zum Parteitag; und da mag ja auch etwas dran sein, die Frage ist nur, wie ehrlich das gemeint ist –: 5 Millionen – da muss man schon ziemlich viel verdienen, wenn man das sein Leben lang brutto verdienen will. Die meisten erreichen das gar nie. Das sind eigentlich nur mehr 20, 30 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung. Eine solche Person zahlt an Steuern und Sozialabgaben mindestens 50 Prozent dieses Be­trags. Anders ist es hingegen, wenn jemand 5 Millionen erbt, zu denen er vielleicht we­nig bis gar nichts beigetragen hat – das hätte er ja nur dann, wenn er in einem elterli­chen Betrieb mitgearbeitet hätte, und da würde es für den Fall einer Millionärserb­schaftssteuer, wie das bezeichnet wird, ja andere Ausnahmebestimmungen geben.

Was da jetzt, Kollege Kopf, chancengleich sein soll, wenn jemand, der ein ganzes Le­ben lang arbeitet, in seinem ganzen Leben 5 Millionen verdient und davon 2,5 Millionen Steuern und Abgaben zahlt – und jemand, der durch einen Todesfall 5 Millionen be­kommt, null zahlt –, das erklären Sie jetzt hier vielleicht ein zweites Mal, was das mit Chancengleichheit zu tun hat. Leistungsgerecht ist es genauso wenig. – Und sehen Sie, das ist der Punkt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wir endlich einmal dazu übergehen würden, uns von diesem ganzen ideologi­schen Paravent zu befreien, nur um einen billigen Punkt zu machen, im Boulevard wie­der einmal – dieses Mal auf dieser Seite –, dann könnten wir uns endlich auch dem zu-


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